stefan m. gergely
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ten etwa sieben Seiten lang ist, dann müßte jeder Arzt pro Tag etwa<br />
zehntausend Seiten lesen, um alle neuveröffentlichten Ergebnisse<br />
der Forschung kennenzulernen. Nehmen wir an, er ist in der Lage,<br />
zwanzig Seiten pro Stunde zu bewältigen und widmet fünf Stunden<br />
pro Tag dem Literaturstudium, so hat er noch immer erst 1% dieser<br />
Datenmenge verarbeitet.<br />
Hier kann man einwenden, daß ein Großteil dieses Wissens für den<br />
Arzt wahrscheinlich gar nicht relevant ist. Gerade im Bereich der<br />
medizinischen Wissenschaften beklagen sich Fachleute zunehmend<br />
über »sinnlose« Publikationen (böse Zungen behaupten, die Qualifikation<br />
von Wissenschaftern werde nur mehr in Kilogramm gemessen<br />
- in Kilogramm Papier, die von ihnen veröffentlicht wurden).<br />
Sosehr dieser Einwand berechtigt sein mag, bleibt doch die<br />
Gegenfrage: Wer weiß, oder wer bestimmt, welches Wissen relevant<br />
ist? Zur Lösung dieser Frage gibt es verschiedene Ansätze, die jedoch<br />
allesamt unbefriedigend scheinen: Die einen gehen davon<br />
aus, daß die wesentlichen Neuigkeiten in den angesehenen, etablierten<br />
Zeitschriften erscheinen (bei denen der Autor in manchen<br />
Fällen sogar dafür bezahlen muß, daß seine Arbeiten abgedruckt<br />
werden). In diesen Organen werden aber zumeist nur jene Ergebnisse<br />
publiziert, die dem jeweiligen Stand der Schulwissenschaft genehm<br />
sind. Meinungen von Außenseitern, die morgen oder übermorgen<br />
als geniale Entdeckungen gefeiert werden könnten, finden<br />
kein Gehör.<br />
Andere versuchen, durch die Analyse der zitierten Literatur die<br />
Spreu vom Weizen zu lesen. Ein wissenschaftliches Institut in den<br />
Vereinigten Staaten erfaßt laufend, welche Autoren bzw. Publikationen<br />
in den neuesten Zeitschriftenartikeln als Zitate genannt werden.<br />
Man geht dabei von der Überlegung aus, Arbeiten seien dann<br />
wichtig, wenn sich möglichst viele Forscher auf sie beziehen. Jedes<br />
Jahr werden die Spitzenreiter in diesem Wettrennen veröffentlicht.<br />
Nicht selten finden sich künftige Nobelpreisträger darunter. Findige<br />
Forscher sind allerdings mittlerweile dazu übergegangen, in jeder<br />
neuen Arbeit sich selbst möglichst oft zu zitieren bzw. einen<br />
Kollegen darum zu bitten- unter dem Motto: »Eine Hand wäscht<br />
die andere.« Außerdem: Auch eine Arbeit mit unrichtigen Ergebnissen<br />
kann oft zitiert werden, um deren Fehler zu korrigieren, und<br />
ist deshalb noch lange nicht wichtig.<br />
Wenn es offensichtlich dem einzelnen nicht mehr möglich ist, ein<br />
Fachgebiet wie die Chemie oder die Medizin zu überblicken, kann<br />
man fragen, wozu die Errichtung von Datenbanken überhaupt gut<br />
sei. Zur Erörterung dieser Frage müssen wir eine Eigenschaft von<br />
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