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stefan m. gergely

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Umverteilung der Informationsmacht<br />

Dies alles zeigt beispielhaft Technikfolgen in dem Bereich auf, den<br />

wir die erste Ebene genannt haben. Die Auseinandersetzung findet<br />

aber noch auf einer zweiten Ebene statt - hier geht es um die<br />

Machtverhältnisse zwischen einzelnen Gesellschaftsgruppen.<br />

George Orwell zeichnete in seinem Zukunftsroman »1984« das<br />

Bild einer total überwachten Gesellschaft, die von wenigen Wissenden<br />

beherrscht wird. Als Orwell nach Ende des Zweiten Weltkrieges<br />

diese »Utopie in Form eines Romans« niederschrieb, dachte er<br />

totalitäre Ideen logisch zu Ende, von denen er glaubte, sie hätten<br />

sich in den Köpfen der Intellektuellen festgesetzt.<br />

Die Technik der Überwachung, die Orwell beschrieb, ist von der<br />

Realität längst überholt worden. Wenn auch der Große Bruder derzeit<br />

noch nicht allgegenwärtig sein mag - machbar ist er jederzeit.<br />

Die elektronische Datenverarbeitung ist jedenfalls ein starker Motor<br />

für die weitere Bürokratisierung unserer Gesellschaft und bedeutet<br />

damit einen Zuwachs an Macht für den Staat. Klaus Lenk,<br />

Professor für Verwaltungswissenschaft an der Universität Oldenburg,<br />

hält diesen Trend für unausweichlich. Beschäftigte sich die<br />

bürokratische Verwaltung bislang vorwiegend mit wirtschaftlichen<br />

Fragen und sozialer Sicherheit, dehne sie nun, dank informationstechnischer<br />

Hilfsmittel, ihren Tätigkeitsbereich auf praktisch alle<br />

Aspekte des gesellschaftlichen Lebens aus. Lenk: »Das Endergebnis<br />

wäre eine perfekte Verwaltung, die das menschliche Verhalten<br />

ganz und gar strukturiert und kontrolliert« (Lit. 3).<br />

Wohin die mißbräuchliche Verwendung von Informationstechnik<br />

führen kann, hat uns George Orwell drastisch vor Augen geführt.<br />

Es ist zu hoffen, daß es niemals zum totalen Überwachungsstaat<br />

kommt. Nicht zuletzt hängt diese Zukunft vom Verhalten jedes einzelnen<br />

Bürgers ab.<br />

Beinahe unentrinnbar scheint dagegen eine Entwicklung, die zur<br />

Teilung der Menschheit in zwei Lager führt- in »Wissende«, die<br />

als neue Alchimisten aus Programmiersprachen magische Geheimlehren<br />

destillieren, und in »Unwissende«, die die Angehörigen der<br />

neuen Elite als digitale Götter verehren. Ob damit Nietzsches Prophezeiung<br />

vom Heraufkommen des Übermenschen oder Solowjews<br />

Vision des Antichrist Geltung erlangen, sei dahingestellt. Wir und<br />

mehr noch unsere Kinder laufen jedenfalls Gefahr, trotz eines<br />

Überangebotes an Wissen in ein neues Mittelalter zu gelangen, in<br />

dem Computer zwar benützt, aber nicht verstanden werden; in dem<br />

an den Schaltstellen der Macht in Wirtschaft und Staat hinter ver-<br />

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