stefan m. gergely
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stefan m. gergely
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Natürlich benötigt die Zentrale der Kabelgesellschaft zur Bewältigung<br />
dieser Aufgaben einen Computer. Den braucht sie aber in jedem<br />
Fall, da die Kunden für jeden Film, den sie im Premium channel<br />
bestellen, und jede Dienstleistung, die sie in Anspruch nehmen,<br />
einzeln bezahlen müssen. Die Erfassung dieser Leistungen kann<br />
wirkungsvoll nur durch einen Rechner erfolgen. Ein Zentralcomputer<br />
kontrolliert daher alle sechs Sekunden, welcher Film gerade auf<br />
jedem einzelnen Bildschirm läuft, und speichert die Information, so<br />
daß sie nachher für die Abrechnung aufbereitet werden kann.<br />
Besonders verlockend ist das Zweiweg-Kabelfernsehen für Werbefirmen<br />
und Meinungsforschungsinstitute. So sind in Columbus<br />
Sendungen an der Tagesordnung, die wie folgt ablaufen: Der Bildschirm<br />
zeigt zwei Männer auf einer Geschäftsstraße, die das Schaufenster<br />
einer Buchhandlung betrachten. Es stellt sich heraus, daß<br />
einer von ihnen selbst im Buchhandel tätig ist. Man beginnt über<br />
die Vor- und Nachteile von Paperbacks im Vergleich zu Büchern<br />
mit festem Umschlag (Hardcover) zu diskutieren. Nach kurzer Zeit<br />
wird das Zuschauerpublikum über seine Meinung befragt, und der<br />
Computer errechnet das wenig erstaunliche Ergebnis, daß die Bevölkerung<br />
mehr Paperbacks kauft als Hardcover. Während der Diskussion<br />
werden auch die Titel von vier neu erschienenen Büchern<br />
genannt. Am Ende der Sendung erscheinen diese vier Bücher am<br />
Bildschirm, mit den Nummern 1, 2, 3, 4 versehen. »Wenn Sie eines<br />
der vier Bücher bestellen wollen«, verkündet nun der Sprecher,<br />
»drücken Sie den entsprechenden Knopf auf Ihrem Zusatzgerät.<br />
Der Computer wird Ihren Namen und Ihre Adresse speichern, und<br />
die Buchhandlung wird Ihnen das Buch zusenden.«<br />
Die ganze Sendung war von einer Buchhandlung bezahlt. Es wurde<br />
bewußt versucht, sie so zu gestalten, daß sie nicht den Eindruck von<br />
Werbung vermittelte.<br />
Beiträge dieser Art standen bei Marketingmanagern, die neue Produkte<br />
testen wollten, bald hoch im Kurs. Der Zentralcomputer ermöglicht<br />
nämlich, die Resultate von Umfragen nach beliebigen Gesichtspunkten<br />
auszuwerten - nach Geschlecht, Wohnort, Beruf usw.<br />
Kein Wunder, daß nicht wenige Kabelbenützer zu fragen begannen,<br />
welche Informationen über ihre Konsumgewohnheiten ohne<br />
ihr Wissen verkauft wurden. Immerhin verbringt der amerikanische<br />
Durchschnittsbürger etwa sechs Stunden täglich, also einen beträchtlichen<br />
Teil seines Privatlebens, vor der Flimmerkiste. Seine<br />
Informationswünsche bezüglich Filmwahl, seine Meinungsäußerungen<br />
bei Abstimmungen usw. lassen zahlreiche Schlüsse auf seine<br />
politische Meinung, Weltanschauung und seine Privatsphäre zu.<br />
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