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stefan m. gergely

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10. Chips im Wettrüsten der Supermächte<br />

Spätestens seit US-Präsident Ronald Reagan im Frühjahr 1983 eine<br />

neue Verteidigungsdoktrin verkündete, die Vereinigten Staaten mit<br />

Hilfe mikroprozessorgesteuerter, hochenergetischer Laserwaffen<br />

für feindliche Raketengeschosse unverwundbar zu machen, wird<br />

schlagartig die gewaltige Bedeutung mikroelektronischer Technik<br />

für die Kriegsführung im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert<br />

deutlich. Gänzlich verfehlt wäre es zu meinen, die Militärs hätten<br />

die von friedlichen Wissenschaftlern entwickelte Halbleitertechnologie<br />

aufgegriffen, um sie für neue Waffensysteme einzusetzen. Im<br />

Gegenteil: Gerade hier zeigt sich, wie zutreffend der Satz »Der<br />

Krieg ist der Vater aller Dinge« ist - seit je war die Waffenindustrie<br />

treibende Kraft für die Entwicklung, die uns (in den Augen der<br />

Militärs als Nebenprodukt) die Informationsrevolution beschert<br />

hat.<br />

Einige Beispiele sollen das untermauern (siehe auch Seite 286).<br />

Mehrere Mikroelektronikfirmen im kalifornischen Silicon Valley<br />

waren früher für ein führendes Unternehmen der amerikanischen<br />

Rüstungsindustrie - die Fairchild Computer Corporation - tätig.<br />

Das erste Konzept des integrierten Schaltkreises geht auf Pläne der<br />

britischen Radarabwehr im Jahre 1952 zurück. Einer der Väter des<br />

Computers, Herman Goldstine, ist der Auffassung, daß der Bedarf<br />

der US-Militärs nach treffsicheren Geschossen der primäre Antrieb<br />

für die Entwicklung moderner Rechenmaschinen gewesen sei<br />

(Lit. 26). Ein einfaches Rechenexempel soll dies verdeutlichen: Zu<br />

berechnen sei die Flughöhe a einer Rakete für 100 Sekunden Antriebszeit<br />

in Zeitschritten von 0,1 Sekunden. Das Verhältnis der<br />

Startmasse M der Rakete zur Gasmasse m, die pro Sekunde aus der<br />

Antriebsdüse ausgestoßen wird, soll in fünfzehn Schritten, die Antriebsgeschwindigkeit<br />

der Antriebsgase in 71 Schritten variiert werden.<br />

Es sind also insgesamt 1 065 Flugbahnen zu berechnen. Für<br />

jede Flugbahn sind 1 000 Höhenschritte vorgesehen. Demnach<br />

müssen also insgesamt 1 065 000 Höhenwerte ermittelt werden. Zur<br />

Lösung der Aufgabe werden sowohl die Änderungen der Schwerkraft<br />

mit dem Abstand vom Erdmittelpunkt wie auch der Luftwiderstand<br />

vernachlässigt. Es ergibt sich eine Differentialgleichung,<br />

zu deren Lösung insgesamt 150 Millionen Rechenschritte ausgeführt<br />

werden müssen. Ein leistungsfähiger Rechner wäre damit<br />

einige Stunden beschäftigt, eine Tischrechenmaschine allerdings<br />

Jahrzehnte. Die Entwicklung präzisionsgesteuerter Geschosse ist<br />

also ohne leistungsfähige Computer undenkbar.<br />

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