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stefan m. gergely

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Der Televisor George Orwells ist Sinnbild der Allgegenwart des<br />

Großen Bruders, der den Staat Ozeanien beherrscht. Überwachungsgeräte<br />

dieser Art sind heute im Prinzip hunderttausendfach<br />

verwirklicht- in Banken, Kaufhäusern, vor Hauseinfahrten usw.<br />

Ansatzweise findet sich der Televisor auch beim Zwei weg-Kabelfernsehen<br />

und bei Bildschirmtext: Ein zu Verrechnungszwecken installierter<br />

Zentralcomputer registriert jeden Film, den der Benutzer<br />

von Pay-TV auf Knopfdruck bestellt, und jeden Informationswunsch,<br />

den der Bildschirmtextkunde abruft. Setzt man die Zweiweg-Kommunikation<br />

für Meinungsumfragen ein, so wird auch die<br />

politische Ansicht des Bürgers aktenkundig (es wird zwar versichert,<br />

daß solche Daten im Computer »anonymisiert« würden -<br />

eine personenbezogene Speicherung ist allerdings jederzeit möglich<br />

und bedeutet zumindest eine beträchtliche Versuchung, sie bei geeigneter<br />

Gelegenheit auch einzusetzen). In den Vereinigten Staaten<br />

erwägen Kabelgesellschaften, auf Wunsch in jedem Haushalt einen<br />

Fernsehmonitor zu installieren, damit Dialoge, die bislang als<br />

Frage und Antwort über Knopfdruck stattfanden, »lebendiger«<br />

werden. Auf diese Weise wäre es möglich, etwa bei einer Talkshow<br />

einen beliebigen Zuseher einzublenden. Der einzige wesentliche<br />

Unterschied zum Orwellschen Televisor bliebe, daß dieser Tag und<br />

Nacht eingeschaltet ist - ob es der Bürger will oder nicht. Wir hingegen<br />

können den Fernsehapparat noch allemal abdrehen.<br />

Andererseits besteht aber kaum ein Zweifel, daß die elektronische<br />

Datenverarbeitung ein starker Motor für die weitere Bürokratisierung<br />

unserer Gesellschaft ist und damit letztlich einen Zuwachs an<br />

Macht für den Staat bedeutet. Klaus Lenk, Professor für Verwaltungswissenschaft<br />

an der Universität Oldenburg, hält die weitere<br />

Bürokratisierung der Gesellschaft mit Hilfe der Mikroelektronik<br />

für unaufhaltsam. Die Verwundbarkeit der Gesellschaft infolge<br />

technischer Risiken, so Lenk, lasse keine andere Wahl, denn die<br />

enorme Größe und Komplexität vieler automatisierter Informationssysteme<br />

sei zugleich Ursache für technische Verwundbarkeit.<br />

Viele Systeme mit hochgradiger Interdependenz wurden entwickelt,<br />

ohne daß man vorher die Frage beantwortete, wieviel Schutz vor<br />

einem Riesenbetrug oder einem bewaffneten Angriff erforderlich<br />

und wieviel Redundanz nötig seien, damit das Netz oder ein Teil<br />

von ihm erforderlichenfalls wieder in Betrieb genommen werden<br />

kann. Daß moderne Technik vielfach auch eine straffe polizeiliche<br />

Überwachung erfordert, ist durch die Diskussion um Kernkraftwerke<br />

(Schlagwort »Atomstaat«) hinlänglich klargeworden. Die Informationstechnik,<br />

so Lenk weiter, liefere nun die geeignete Tech-<br />

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