Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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1.4 Gen<strong>der</strong>relevanz bei Menschenrechten – Ein kritischer Blick als Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
1.4 Gen<strong>der</strong>relevanz bei Menschenrechten –<br />
Ein kritischer Blick als Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
<strong>Der</strong> vorliegende Bericht gibt einen Überblick über den<br />
Status <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Menschenrechte in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Graz</strong> im Jahr <strong>2009</strong>. Bemühungen, Umsetzungserfolge<br />
werden sichtbar, doch die Anzahl <strong>der</strong> Empfehlungen zur<br />
Erhöhung des Menschenrechtsstandards ist nach wie<br />
vor hoch.<br />
„Das zentrale Menschenrechtsproblem in <strong>Graz</strong> betrifft<br />
Diskriminierungen aus rassistischen Motiven, Fremdenfeindlichkeit<br />
und aufgrund <strong>der</strong> Religion und Weltanschauung<br />
sowie aufgrund des Geschlechts.“ (vgl. S. 17)<br />
Insgesamt spiegelt dieser Bericht wi<strong>der</strong>, dass die „dokumentierten<br />
Fälle“, unabhängig vom konkreten Tatbestand,<br />
nur als Spitze des Eisberges betrachtet werden<br />
können.<br />
Ob Menschenrechtsverletzungen im Sinne von Diskriminierungen,<br />
Belästigungen o<strong>der</strong> Gewalttaten „gemeldet“<br />
werden und somit in eine offizielle Statistik Eingang<br />
finden, hängt von verschiedenen Faktoren ab,<br />
u.a. von <strong>der</strong> Wahrnehmung und dem Wissen darüber,<br />
welches Verhalten in unserer Gesellschaft erwünscht<br />
bzw. unerwünscht und verpönt ist.<br />
Eine diesbezügliche Beschwerde, vor allem von Betroffenen,<br />
hängt aber u.a. auch vom Vertrauen und <strong>der</strong> Zuversicht<br />
ab, dass Missstände behoben und keine weiteren<br />
Nachteile erlitten werden.<br />
Eine verstärkte Informationsarbeit über Beschwerdestellen<br />
und ihre Dienstleistungen kann hilfreich sein,<br />
gleichzeitig erscheint es aber wesentlich, strukturelle<br />
und bewusstseinsbildende Maßnahmen stringent voranzutreiben,<br />
um gesellschaftliche Bedingungen zu gewährleisten,<br />
die Diskriminierungen in allen Lebensbereichen<br />
hintanhalten.<br />
Eine gen<strong>der</strong>sensible Betrachtungsweise in diesem Zusammenhang<br />
vorzunehmen, bedeutet, im Wissen um<br />
die soziale Konstruktion <strong>der</strong> Zweigeschlechtlichkeit und<br />
die Diversität von Menschen einen vergleichenden Blick<br />
auf die strukturellen Rahmenbedingungen für Frauen<br />
und Männer zu werfen, in denen Diskriminierungen erlebt<br />
werden, unabhängig davon, ob sie auch persönlich<br />
wahrgenommen und im Sinne einer Beschwerde gemeldet<br />
werden o<strong>der</strong> nicht.<br />
Die Anfor<strong>der</strong>ung an diesen Bericht ist es, u.a. Geschlecht<br />
als interdependente Kategorie in den einzel-<br />
13<br />
nen Themenbereichen gemäß <strong>der</strong> gewählten Struktur<br />
zu erfassen, d.h. Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierungen<br />
und Gewalttaten in ihrem Auftreten sowie<br />
ihren Auswirkungen gegenüber Frauen und Männern zu<br />
beschreiben sowie entsprechende Maßnahmen gegen<br />
Diskriminierungen zu empfehlen.<br />
123.999 Männer und 133.899 Frauen leben in <strong>Graz</strong>.<br />
Wie<strong>der</strong>holt lassen sich auch in diesem Bericht in den<br />
einzelnen Unterkapiteln, gestützt auf statistische Daten,<br />
zusammenfassende Formulierungen finden, die darauf<br />
hinweisen, dass Frauen und Mädchen „beson<strong>der</strong>s“,<br />
„überdurchschnittlich häufig“ und „oft auch mehrfach“,<br />
als Frau und als Mitglied in den verschiedenen Gruppen,<br />
von Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen<br />
betroffen sind. Ist jegliche Menschenrechtsverletzung<br />
und Diskriminierung aus welchen Gründen auch<br />
immer gegenüber Menschen, egal welchen Geschlecht<br />
zu verurteilen, so scheinen nach wie vor geschlechterstereotype<br />
Einstellungen und Vorurteile wenig reflektiert<br />
handlungsleitend und die Inszenierung von Geschlechterverhältnissen<br />
unter Rückgriff auf biologische<br />
Kategorien persönliches Schicksal zu sein.<br />
Die Fokussierung auf die Situation von Frauen im Rahmen<br />
des Schwerpunktthemas „Frauenrechte in <strong>Graz</strong>“<br />
verdeutlicht einmal mehr die im Vergleich zu Männern<br />
in vielen Fällen ungleichen benachteiligenden Lebensbedingungen<br />
(vgl. S 101 ff).<br />
Die Zuordnung <strong>der</strong> Problemlagen auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong><br />
„Konvention zur Beseitigung je<strong>der</strong> Form von Diskriminierung<br />
<strong>der</strong> Frau“ zeigt auf, dass die Umsetzung <strong>der</strong><br />
Gleichberechtigung und die De-Facto-Gleichstellung von<br />
Frauen und Männern eine menschenrechtliche Verpflichtung<br />
und Verantwortung und keine freiwillige o<strong>der</strong> gar<br />
beliebige Son<strong>der</strong>maßnahme ist.<br />
Bei vielen Vergleichen zwischen Frauen und Männern<br />
bleiben Männer „als Geschlecht“ meist unbenannt. Ihre<br />
Beteiligung an <strong>der</strong> Gestaltung von gesellschaftlichen Bedingungen,<br />
aber auch ihr Betroffensein von Diskriminierung<br />
lässt sich (nur) indirekt erschließen. Das adäquate<br />
Wahrnehmen <strong>der</strong> Probleme von Männern und die<br />
detaillierte Analyse des strukturell institutionalisierten<br />
Maskulinismus, <strong>der</strong> Benachteiligungen für Frauen und<br />
Männer bewirken kann, sind Voraussetzungen, um Un-