Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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4.8 Recht auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit<br />
Öffentliches Bekenntnis zum Bau einer Moschee<br />
Das klare öffentliche Bekenntnis von Bürgermeister<br />
Nagl, den Bau einer Moschee zu unterstützen und sich<br />
damit für die freie Religionsausübung zu positionieren,<br />
kann positiv hervorgehoben werden. 141<br />
Interreligiöser Beirat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong><br />
<strong>Der</strong> Interreligiöse Beirat ist direkt beim Bürgermeister<br />
angesiedelt und setzt sich aus VertreterInnen <strong>der</strong> staatlich<br />
anerkannten, in <strong>Graz</strong> ausgeübten Religionen und<br />
Konfessionen zusammen. Er fungiert in erster Linie als<br />
Beratungsgremium. 142<br />
Muslimischer Friedhof<br />
Im Auftrag <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> wurden ein eigenes muslimisches<br />
Gräberfeld und Zeremoniengebäude als Teile<br />
des Interkonfessionellen Friedhofs in <strong>Graz</strong> eröffnet. Das<br />
neue muslimische Gräberfeld bietet Platz für 225 Bestattungen.<br />
Eine Erweiterung um zwei weitere Gräberfel<strong>der</strong><br />
ist möglich. 143<br />
Kulturprogramm <strong>der</strong> israelitischen Kultusgemeinde<br />
Als Bestandteil des jüdischen gesellschaftlichen Lebens<br />
4.8 Recht auf Meinungsäußerungs- und<br />
Informationsfreiheit (Artikel 19 AEMR)<br />
49<br />
setzt die Israelitische Kultusgemeinde in <strong>Graz</strong> ab dem<br />
Herbst 2010 die Tradition einer zukunftsbezogenen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit geschichtlichen und kulturellen<br />
Themen, wie auch die För<strong>der</strong>ung des gegenseitigen Verständnisses<br />
und <strong>der</strong> gegenseitigen Achtung, fort und<br />
lädt herzlich zu den Veranstaltungen ein. 144<br />
Empfehlungen<br />
- Die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> möge die bestehenden kommunalen<br />
Initiativen des interreligiösen Dialoges und <strong>der</strong> interreligiösen<br />
Begegnung in Zusammenarbeit mit den diesbezüglichen<br />
Einrichtungen weiterentwickeln und dafür<br />
mehr Ressourcen einsetzen. 145<br />
- Die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> sollte öffentliche Meinungsäußerungen,<br />
welche das Menschenrecht auf Glaubensfreiheit verletzen<br />
o<strong>der</strong> einschränken, konsequent mit medialem<br />
Wi<strong>der</strong>spruch belegen und im Bedarfsfall auch rechtliche<br />
Mittel ergreifen. 146<br />
- Die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> sollte allen Schulen ein vernetztes Angebot<br />
aller einschlägigen AnbieterInnen für die interreligiöse<br />
Bildung zur Verfügung stellen. 147<br />
Artikel 19 AEMR<br />
Je<strong>der</strong> hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen<br />
ungehin<strong>der</strong>t anzuhängen sowie über Medien je<strong>der</strong> Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und<br />
Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.<br />
Daten und Fakten<br />
Laut Artikel 10 Abs. 1 <strong>der</strong> Europäischen Konvention zum<br />
Schutz <strong>der</strong> Menschenrechte und Grundfreiheiten (1950)<br />
haben alle Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung.<br />
Abs. 2 besagt, dass die Ausübung dieser Freiheiten<br />
mit Pflichten und beson<strong>der</strong>er Verantwortung<br />
verbunden ist, und hat daher Schranken, wo die Grundrechte<br />
an<strong>der</strong>er verletzt werden. Dass diese Einschränkung<br />
auch für PolitikerInnen im Wahlkampf gilt, wurde<br />
mit <strong>der</strong> Verurteilung von Susanne Winter bestätigt.<br />
Susanne Winter, damalige FPÖ-Spitzenkandidatin im<br />
<strong>Graz</strong>er Gemein<strong>der</strong>atswahlkampf 2008 und Nationalratsabgeordnete,<br />
wurde aufgrund von Aussagen wie<br />
<strong>der</strong> Warnung vor einem „Einwan<strong>der</strong>ungs-Tsunami“ o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung, dass <strong>der</strong> Islam (bezeichnet als „Feindreligion“)<br />
„über das Mittelmeer zurückgeworfen werden<br />
soll“, sowie <strong>der</strong> Meinung, dass <strong>der</strong> Prophet Mohammed<br />
nach heutigen Maßstäben „ein Kin<strong>der</strong>schän<strong>der</strong>“ sei, im<br />
Jänner <strong>2009</strong> verurteilt. Ihr Anwalt berief sich auf das<br />
Recht auf freie Meinungsäußerung. Das Gericht folgte<br />
diesem Argument nicht, mit <strong>der</strong> Begründung, die Äußerungen<br />
wären geeignet gewesen, Hass zu erzeugen<br />
und erfolgten aus dem „nie<strong>der</strong>en Motiv“, lediglich ihren<br />
Bekanntheitsgrad zu erhöhen, und verurteilte sie wegen<br />
Herabwürdigung religiöser Lehren und Verhetzung<br />
zu drei Monaten bedingter Haft und EUR 24.000 Geldstrafe.<br />
(Das Urteil wurde durch die 2. Instanz im Juni<br />
<strong>2009</strong> bestätigt.)<br />
141 Ibid. – 142 Vgl. Alfred Stingl, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 143 Ibid. – 144 Vgl. Alfred Stingl, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 145 ARGE Jugend<br />
gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 146 Ibid. – 147 Ibid.