Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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Vorwort von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Benedek<br />
Mit dem nunmehr dritten <strong>Menschenrechtsbericht</strong> legt<br />
<strong>der</strong> Menschenrechtsbeirat für das Jahr <strong>2009</strong> eine umfassende<br />
Bestandsaufnahme zur Menschenrechtssituation<br />
in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> vor. Das Fundament dafür stellen<br />
<strong>der</strong> erste Bericht aus dem Jahr 2007 und dessen Zwischenevaluation<br />
2008 dar. Auf diesen aufbauend wurden<br />
die Daten und Analysen sowohl erweitert als auch<br />
vertieft. <strong>Der</strong> vorliegende Bericht stellt aus Sicht des<br />
Menschenrechtsbeirates eine ausgezeichnete Grundlage<br />
für die kommunale und regionale Menschenrechtspolitik<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, aber darüber hinaus insbeson<strong>der</strong>e<br />
eine Grundlage für eine menschenrechtsorientierte<br />
Sachpolitik in allen Politik- und Verwaltungsbereichen<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> dar. <strong>Der</strong> <strong>Menschenrechtsbericht</strong> ist somit<br />
fundamentaler Baustein <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Menschenrechtserklärung<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> vom 8. Februar 2001 formulierten<br />
Verpflichtung, die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> möge sich in ihrer<br />
Politik und in ihrem Verwaltungshandeln an den internationalen<br />
Menschenrechten orientieren. Dieses Ergebnis<br />
ist einerseits <strong>der</strong> Struktur und Methode des Berichts,<br />
vor allem aber <strong>der</strong> akribischen Arbeit in Hun<strong>der</strong>ten von<br />
Arbeitsstunden <strong>der</strong> mitwirkenden Personen und Institutionen,<br />
<strong>der</strong> Kooperation mit <strong>der</strong> Magistratsdirektion und<br />
den Abteilungen sowie <strong>der</strong> Arbeitsgruppe und <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />
des Beirates zu verdanken.<br />
Wichtiger ist jedoch, dass <strong>der</strong> inzwischen auf kommunaler,<br />
nationaler und internationaler Ebene beachtete<br />
<strong>Menschenrechtsbericht</strong> tatsächliche Auswirkungen auf<br />
die <strong>Stadt</strong>politik gezeitigt hat. So wurden aus den ersten<br />
Berichten wichtige Empfehlungen umgesetzt o<strong>der</strong> in<br />
Angriff genommen, beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist dabei<br />
<strong>der</strong> im Jahr 2010 erstmals erschienene Armutsbericht<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, <strong>der</strong> auf einer Empfehlung des ersten<br />
<strong>Menschenrechtsbericht</strong>es beruht und im Wesentlichen<br />
die dort festgestellten Problemlagen bestätigt.<br />
Das Jahr <strong>2009</strong> stand unter dem massiven Eindruck<br />
<strong>der</strong> globalen Wirtschafts- und Finanzkrise, welche<br />
zwar abgefe<strong>der</strong>t und verzögert in <strong>Graz</strong> wirksam wurde,<br />
aber doch den immanenten Zusammenhang von<br />
Wirtschaft und Menschenrechten aufgezeigt hat. <strong>Der</strong><br />
Armutsbericht belegt, dass, was zu erwarten war, die<br />
verletzlichsten Gruppen beson<strong>der</strong>s hart durch die Auswirkungen<br />
<strong>der</strong> Krise getroffen werden. Neben an<strong>der</strong>en<br />
können zwei wesentliche grundrechtsrelevante Effekte<br />
<strong>der</strong> Wirtschaftskrise hervorgestrichen werden.<br />
Vorwort<br />
<strong>Der</strong> eine Effekt betrifft den Zusammenhang von Budgetpolitik<br />
und wirtschaftlichen und sozialen Rechten.<br />
Die Wirtschaftskrise erfor<strong>der</strong>t eine offensive Sozial- und<br />
Verteilungspolitik bei gleichzeitiger Verengung des budgetären<br />
Spielraumes. <strong>Der</strong> Armutsbericht und <strong>der</strong> <strong>Menschenrechtsbericht</strong><br />
belegen, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Personen,<br />
die ohne Transferleistungen in den Bereich <strong>der</strong><br />
Armutsgefährdung schlitterten, steigt. Die Wirtschaftskrise<br />
erschwert insbeson<strong>der</strong>e die Gewährleistung sozialer<br />
Menschenrechte. Das bedeutet auch, dass die<br />
Schaffung von Budgetspielräumen einem menschenrechtlichen<br />
Erfor<strong>der</strong>nis dient, nämlich in <strong>der</strong> Verteilungspolitik<br />
antizyklisch eingreifen zu können, um im Bedarfsfall<br />
soziale und wirtschaftliche Grundrechte sichern zu<br />
können. Voraussetzung ist eine langfristige, ausgewogene,<br />
zukunftsorientierte und nicht-diskriminierende<br />
Standort- und Ressourcenpolitik.<br />
<strong>Der</strong> zweite wichtige Zusammenhang betrifft den Schutz<br />
<strong>der</strong> Menschenrechte, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gleichstellung<br />
und Nicht-Diskriminierung. Es hat sich auch empirisch<br />
gezeigt, dass Wirtschaftskrisen nicht diskriminierungsfrei<br />
wirken. Abhängig von Geschlecht, Herkunft, sozialem<br />
Status und Qualifikation wirken sich Rezessionen<br />
unterschiedlich aus. Dies hängt mit den gesellschaftlichen<br />
Positionen und <strong>der</strong> Verteilung von Einfluss und<br />
Zugang zu Einkommensmöglichkeiten und Produktionsmitteln<br />
zusammen. An einer Erforschung <strong>der</strong> theoretischen<br />
Grundlagen einer Einbindung von „Zwangssituationen“<br />
in das wirtschaftspolitische Modell arbeitet das<br />
Institut für Finanzwissenschaft <strong>der</strong> Universität <strong>Graz</strong> und<br />
an <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> Auswirkungen von wirtschaftlicher<br />
Benachteiligung durch Diskriminierung und dem<br />
Mangel an Wahlfreiheit das Europäische Trainings- und<br />
Forschungszentrum für Menschenrechte in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Universität <strong>Graz</strong>. Diese Auswirkungen<br />
sollten in einer grundrechtsverpflichteten Wirtschaftspolitik<br />
ernst genommen werden. <strong>Der</strong> grundsätzlich bedeutsame,<br />
aber auf kommunaler Ebene kaum zu steuernde<br />
Einfluss von Konjunkturschwankungen und <strong>der</strong><br />
Gewährleistung bürgerlicher und politischer Rechte sei<br />
hier lediglich erwähnt. Dem Menschenrechtsbeirat ist<br />
es im Sinne einer umfassenden Kultur <strong>der</strong> Menschenrechte<br />
ein Anliegen, diesen Zusammenhang zwischen<br />
Wirtschaft und Menschenrechten aufzuzeigen und dafür<br />
einzutreten. Die Verantwortlichen mögen diese Aspekte<br />
in ihren Entscheidungen berücksichtigen.