24.08.2013 Aufrufe

Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz

Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz

Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5.4 Recht auf Bildung<br />

Ein Verbot des Gebrauchs von ausgewählten<br />

Erstsprachen wie Türkisch, Albanisch, Bosnisch,<br />

Serbisch o<strong>der</strong> Kroatisch in <strong>der</strong> Schule stellt eine<br />

Verletzung <strong>der</strong> Europäischen Menschenrechtskonvention,<br />

die eine Ungleichbehandlung aufgrund<br />

<strong>der</strong> Sprache verbietet, dar.<br />

Probleme und Defizite<br />

Bildungschancen sind ungleich verteilt, strukturelle Benachteiligungen<br />

für Kin<strong>der</strong> mit Migrationshintergrund<br />

sind nach wie vor gegeben. Indikatoren dafür sind <strong>der</strong><br />

überproportional hohe Anteil von SchülerInnen nichtdeutscher<br />

Erstsprache an Hauptschulen bzw. Neuen<br />

Mittelschulen, Son<strong>der</strong>- und Polytechnischen Schulen,<br />

während an AHS eine deutliche Unterrepräsentation<br />

herrscht (analog zu den Übertrittsraten).<br />

Die Bildungsforschung stellt durchgehend eine Verfestigung<br />

von Bildungsbarrieren durch Schichtenzugehörigkeit<br />

fest. „Niedriger Status wird innerhalb <strong>der</strong> Familie<br />

vererbt“ 306 . Doch nicht nur eine „schlechte Startposition“<br />

(Aufwachsen unter sozial benachteiligten Bedingungen),<br />

son<strong>der</strong>n auch strukturelle Benachteiligungen<br />

im Bildungssystem (Reproduktion von sozialer Ungleichheit)<br />

und problematisches Sozialkapital (Stabilisierung<br />

etablierter Schulwahlmuster unter Migrationsjugendlichen)<br />

sind ausschlaggebend für ihre Situation<br />

im Bildungs- und Arbeitsbereich. 307 Dadurch wird einmal<br />

mehr verdeutlicht, dass die Bereiche Bildung (und Arbeit),<br />

Soziales, Wohnen und <strong>Stadt</strong>planung in unmittelbarem<br />

Zusammenhang stehen.<br />

Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass vermehrt<br />

Beschwerden darüber auftreten, dass Kin<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gebrauch<br />

ihrer Erstsprache (sofern diese nicht Deutsch ist)<br />

in <strong>der</strong> Schule verboten werde, u.a. mit <strong>der</strong> Begründung,<br />

dass <strong>der</strong> Gebrauch dem Erlernen <strong>der</strong> deutschen Sprache<br />

hin<strong>der</strong>lich sei. Diese Praxis stellt eine klare Verletzung<br />

<strong>der</strong> Europäischen Menschenrechtskonvention dar<br />

(Recht auf Bildung iVm dem Diskriminierungsverbot aufgrund<br />

<strong>der</strong> Sprache).<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> För<strong>der</strong>möglichkeiten <strong>der</strong> außerordentlichen<br />

SchülerInnen nicht-deutscher Erstsprache ist anzumerken,<br />

dass die Schulen zwar Kontingente haben, die<br />

für diese Art von För<strong>der</strong>ung verwendet werden können,<br />

allerdings darüber keine Aufzeichnungen vorliegen. 308<br />

77<br />

Die Schulsozialarbeit ist an sieben Standorten in <strong>Graz</strong><br />

mit positiven Ergebnissen angelaufen. Dennoch fehlen<br />

weitere SozialarbeiterInnen, dies bestätigt auch das<br />

<strong>Stadt</strong>schulamt <strong>Graz</strong>: „Pro Schule wäre ein Team (bestehend<br />

aus 1 Mann und 1 Frau) mit jeweils 30 Stunden<br />

ideal, 1 Vollzeitstelle pro Schule dringend nötig“ 309 . Auch<br />

<strong>Stadt</strong>rätin Grabner for<strong>der</strong>t vom Land noch mindestens<br />

zwei SchulsozialarbeiterInnen. 310<br />

Gute Praxis<br />

Wir sind <strong>Graz</strong><br />

Die Elternabende im Projekt „Wir sind <strong>Graz</strong>“ in Zusammenarbeit<br />

mit den Lerncafés <strong>der</strong> Caritas sind ein wichtiger<br />

Beitrag zur Elternbildung. Es werden themenspezifische<br />

Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten, wie z.B.<br />

Information über das österreichische Schul- o<strong>der</strong> Gesundheitssystem.<br />

311<br />

Empfehlungen<br />

- Maßnahmen zur Stärkung des Sozialkapitals und Erhöhung<br />

von Bildungschancen von MigrantInnenjugendlichen<br />

(wie Nachmittagsbetreuung und außerschulische<br />

Angebote) werden empfohlen. 312<br />

- Ein bedarfsgerechter Ausbau von Elternbildung wird<br />

empfohlen. 313<br />

- Die Einführung von ganztägigen Schulformen ist ein<br />

wichtiger Beitrag für mehr Chancengleichheit im<br />

Schulsystem. 314<br />

- Im Sinne einer kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit<br />

zur Menschenrechtsstadt <strong>Graz</strong> soll in <strong>der</strong> stadteigenen<br />

Zeitung „BIG“ (Bürgerinformation <strong>Graz</strong>) eine Serie zu<br />

den Menschenrechten in je<strong>der</strong> Ausgabe erscheinen. 315<br />

306 Jugendliche MigrantInnen in Bildung und Arbeit. Auswirkungen von Sozialkapital und kulturellem Kapital auf Bildungsentscheidungen und Arbeitmarktbeteiligung. Österreichisches<br />

Institut für Jugendforschung, 2007, S. 18. – 307 Vgl. Jugendliche MigrantInnen in Bildung und Arbeit. Auswirkungen von Sozialkapital und kulturellem Kapital<br />

auf Bildungsentscheidungen und Arbeitmarktbeteiligung. Österreichisches Institut für Jugendforschung, 2007, S. 18-19. – 308 Vgl. <strong>Stadt</strong>schulamt, Novak Helga, Mail vom<br />

15.7.2010. – 309 <strong>Stadt</strong>schulamt, Novak Helga, Mail vom 8.7.2010. – 310 Vgl. Schulsozialarbeit in <strong>Graz</strong> braucht mehr Ressourcen, online unter http://www.graz.net/schulsozialarbei-in-graz-braucht-mehr-ressourcen-584/<br />

(3.9.2010). – 311 Ibid. – 312 Vgl. MigrantInnenbeirat, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 313 Vgl. ARGE Jugend gegen<br />

Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 314 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 315<br />

Vgl. <strong>ETC</strong> <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!