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Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz

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50 4.8 Recht auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit<br />

Probleme und Defizite<br />

Wie die Leserbriefseiten <strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er Tages- und Wochenzeitungen,<br />

aber auch diverse Chatforen belegen,<br />

verwechseln sehr viele BürgerInnen das Recht auf Meinungsfreiheit<br />

bzw. Meinungsäußerungsfreiheit mit <strong>der</strong><br />

Verbreitung von nicht menschenrechtskonformen Positionen.<br />

Exemplarisch sei dazu auf die For<strong>der</strong>ung nach<br />

Moscheenbauverboten o<strong>der</strong> auf rechtsextreme Agitationen<br />

verwiesen. Die Veröffentlichung solcher Menschenrechtsverletzungen<br />

verstärkt <strong>der</strong>en Wirkungen in<br />

öffentlichen Diskursen, was von einer Menschenrechtsstadt<br />

nicht einfach hingenommen werden sollte. 148<br />

Auch ist die Medienberichterstattung über MigrantInnen<br />

teils diskriminierend und problematisch, da<br />

(mögliche) Straftaten mit <strong>der</strong> Herkunft <strong>der</strong> Personen<br />

pauschal gekoppelt werden. 149 Ebenso problematisch ist<br />

das medial stilisierte und in Folge von einer breiten Öffentlichkeit<br />

imaginierte Bild „<strong>der</strong> Migrantin“ als die kopftuchtragende,<br />

ausschließlich unterdrückte und schlecht<br />

qualifizierte Frau. 150 Eine Analyse sämtlicher Artikel <strong>der</strong><br />

Kleinen Zeitung aus dem Jahr 2008 hat folgendes ergeben<br />

151 : Anhand des Stichwortes „Afrikaner“ bzw. „Afrikanerin“<br />

wurden 23 relevante Artikel und Leserbriefe im<br />

Archiv ausfindig gemacht, die nach zwei Fragestellungen<br />

(In welchen Bereichen wird von AfrikanerInnen berichtet?<br />

Wie wird <strong>der</strong>/die AfrikanerIn im Medium Kleine Zeitung<br />

dargestellt?) systematisch ausgewertet wurden. Es<br />

konnten folgende vier Kategorien identifiziert werden:<br />

(1) Politik (gesamt 9 Berichte zu den Themen: verbale<br />

Attacken/Verhetzung, Asylanträge, Flüchtlingsversuche/Schlepper,<br />

Wahlen zu B. Obama),<br />

(2) Gewalt/deviantes Verhalten (6 Berichte zu den Themen:<br />

Raubüberfälle von MigrantInnen, Gewalt an<br />

MigrantInnen),<br />

(3) Drogen (3 Berichte zum Thema Drogenhandel),<br />

(4) Kultur/Sport (5 Berichte zu den Themen Marathonläufer,<br />

Film „Back to Africa“, Multikulturalität im Bezirk<br />

Gries).<br />

Die Auswertung ergab, dass lediglich in <strong>der</strong> vierten Kategorie<br />

(Kultur/Sport) durchgehend positiv über AfrikanerInnen<br />

berichtet wurde. In dieser Rubrik spielt die<br />

kulturelle Bereicherung eine große Rolle. Eine positive<br />

Berichterstattung hinsichtlich des „Images“ <strong>der</strong> AfrikanerInnen<br />

erfolgte insgesamt gesehen in weniger als<br />

einem Drittel (7 von 23) aller Artikel bzw. Leserbriefe.<br />

Gute Praxis<br />

Das medial gut begleitete Wahlkampfmonitoring zur<br />

<strong>Graz</strong>er Gemein<strong>der</strong>atswahl 2008 unter dem Motto „Kein<br />

Wahlkampf auf Kosten von Menschen“ bot zur Thematik<br />

„Meinungsfreiheit versus Menschen(rechts)schutz“<br />

sehr differenzierte Hintergrundinformationen für die Öffentlichkeit.<br />

Das Wahlkampfmonitoring wurde von <strong>der</strong><br />

Europäischen Union als Best-Practice bewertet. 152<br />

Das <strong>ETC</strong> <strong>Graz</strong> bietet für unterschiedliche Zielgruppen<br />

Workshops zum Thema „Meinungsfreiheit immer und<br />

überall? Menschenrechte im politischen Diskurs“ an.<br />

Ziel des Workshops ist es, das Bewusstsein für die Verletzung<br />

von Menschenrechten im politischen Diskurs zu<br />

schärfen und gemeinsam Strategien zu entwickeln, um<br />

dem entgegenzutreten. 153<br />

Empfehlungen<br />

- Die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> bzw. <strong>der</strong> Menschenrechtsbeirat möge<br />

regelmäßig Bildungs-, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

zum Spannungsfeld „Meinungsfreiheit versus Diskriminierung“<br />

betreiben. 154<br />

- Unter dem Titel „Aufgelesen“ sollte die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> in<br />

ihrer Zeitung BIG, aber auch in an<strong>der</strong>en <strong>Graz</strong>er Medien<br />

regelmäßig zu den eklatantesten Menschenrechtsverstößen<br />

auf Leserbriefseiten o<strong>der</strong> in Chatforen klar Stellung<br />

nehmen und dazu die Expertise des Menschenrechtsbeirates<br />

heranziehen. 155<br />

- Sensibilisierungsmaßnahmen für die MedienmitarbeiterInnen<br />

in Kooperation mit ihren Interessenvertretungen<br />

werden empfohlen. 156<br />

- Den politischen Parteien <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> und des<br />

Landes Steiermark sowie den steirischen Medien<br />

wird zum wie<strong>der</strong>holten Male empfohlen, keine Angst<br />

schürende Hetzpropaganda gegen BettlerInnen, AsylwerberInnen,<br />

MuslimInnen, MigrantInnen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Personengruppen zu machen. Die Bevölkerung, vor<br />

allem jedoch die genannten Personengruppen, verdienen<br />

eine achtsame und respektvolle Darstellung<br />

als Menschen in Medien und Öffentlichkeit. Die <strong>Stadt</strong><br />

<strong>Graz</strong> möge geeignete Sanktionsmöglichkeiten, wie<br />

auch vom Europarat empfohlen, schaffen. 157<br />

148 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 149 Vgl. MigrantInnenbeirat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong><br />

<strong>2009</strong>.o – 150 Vgl. Unabhängige Frauenbeauftragte, Maggie Jansenberger, Mail vom 29.9.2010. – 151 Vgl. <strong>Der</strong>ler T., Schmi<strong>der</strong>er S., Integration am Beispiel <strong>der</strong> afrikanischen<br />

Gemeinde in <strong>Graz</strong>, in <strong>Stadt</strong>räume. Soziologisch Studien über <strong>Graz</strong>er Quartiere, Die Ergebnisse des Forschungspraktikums 2008/09 am Institut für Soziologie <strong>der</strong><br />

Karl-Franzens-Universität <strong>Graz</strong>, <strong>2009</strong>, S.152-153. – 152 Vgl. ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 153 Vgl. <strong>ETC</strong> <strong>Graz</strong>,<br />

Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 154 Ibid. – 155 Ibid. – 156 Vgl. MigrantInnenbeirat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 157 ARGE Jugend<br />

gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>.

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