Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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zum Thema Zwangsheirat. Es mangelt an Angeboten für<br />
Personen, die von Zwangsheirat betroffen o<strong>der</strong> gefährdet<br />
sind, und es gibt so gut wie keine Präventivmaßnahmen<br />
und Sensibilisierungsarbeit. Es fehlen die finanziellen wie<br />
auch personellen Ressourcen.<br />
Die Möglichkeiten auf kommunaler Ebene sind insofern<br />
begrenzt, da eine <strong>Stadt</strong> alleine nicht ausreichend<br />
Maßnahmen setzen, son<strong>der</strong>n nur punktuell unterstützen<br />
kann. Die Initiative und Koordination sowie die Basisfinanzierung<br />
müssen seitens des Bundes erfolgen, ein effektiver<br />
Maßnahmenplan kann in Zusammenarbeit mit<br />
den Kommunen erarbeitet werden.<br />
Vordringlichste Maßnahme zu Artikel 16 2.)<br />
Die Unterbringung und Versorgung von Betroffenen. Da<br />
es aber bundesweit noch keine wirklich organisierte Unterbringung<br />
gibt, muss auch dies sehr gut überdacht<br />
werden, da <strong>Graz</strong> sehr schnell zu einer „österreichweiten“<br />
Anlaufstelle hierfür werden könnte und die Ressourcen<br />
mit Sicherheit nicht einmal ansatzweise ausreichen<br />
würden.<br />
7.2.4 Stellungnahme des Österreichischen<br />
NGO-CEDAW-Komitees für den <strong>Menschenrechtsbericht</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong><br />
Städte bzw. Gemeinden können im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich<br />
festgelegten Kompetenzen agieren<br />
und haben die Möglichkeit, ihre Politiken und Maßnahmen<br />
nachhaltig nicht nur dahingehend auszurichten,<br />
dass Frauen und Männer tatsächlich gleich gestellt werden,<br />
son<strong>der</strong>n darüber hinaus auch menschenrechtliche<br />
Standards zu erfüllen.<br />
Österreich hat sich mit <strong>der</strong> Ratifikation <strong>der</strong> UN-Konvention<br />
zur Beseitigung je<strong>der</strong> Form von Diskriminierung<br />
<strong>der</strong> Frau (CEDAW) gegenüber <strong>der</strong> internationalen Staatengemeinschaft<br />
und gegenüber seinen BürgerInnen<br />
verpflichtet, jegliche Diskriminierung von Frauen in allen<br />
Lebensbereichen tatsächlich zu beseitigen. Neben<br />
dem Bund haben selbstverständlich auch die Län<strong>der</strong><br />
und Gemeinden bzw. Städte die Möglichkeit und völkerrechtliche<br />
Verpflichtung, im Rahmen ihrer jeweiligen<br />
Kompetenzen für die Verwirklichung <strong>der</strong> tatsächlichen<br />
Gleichstellung von Frauen zu sorgen.<br />
Um diese Ziele zu erreichen, wird auf die entsprechenden<br />
Empfehlungen des CEDAW-Komitees aus 2007 verwiesen,<br />
die auch auf Gemeinde- bzw. Städteebene gültig sind:<br />
- Systematische Analyse aller Politikbereiche aus einer<br />
Frauen- und Menschenrechtsperspektive mittels Orientierung<br />
an <strong>der</strong> UN-Frauenrechtskonvention und <strong>der</strong><br />
Pekinger Aktionsplattform.<br />
- Berücksichtigung von Zusammenhängen und Mehrfachdiskriminierungen<br />
sowie den Empfehlungen des<br />
CEDAW-Komitees<br />
- Einbezug von Frauen-NGOs und unabhängigen ExpertInnen<br />
aus den Bereichen Menschenrechte/Antidiskriminierung/Gleichstellung<br />
Die tatsächlichen Lebensmöglichkeiten von Frauen werden<br />
neben dem Geschlecht von weiteren Faktoren bestimmt.<br />
Staatsbürgerschaft/Aufenthaltsstatus, Vorhandensein<br />
von Kin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zu betreuenden Angehörigen,<br />
Alter, Bildungsstand, sexuelle Orientierung, Behin<strong>der</strong>ung<br />
o<strong>der</strong> Krankheit, ethnische Zugehörigkeit, nationale<br />
Herkunft o<strong>der</strong> Religion, Land/<strong>Stadt</strong>, Familienstand und<br />
sozioökonomischer Status wirken sich auf jede Frau je<br />
nach Politikbereich unterschiedlich aus.<br />
Zivilgesellschaftliche ExpertInnen im Bereich Frauen und<br />
Menschenrechte einzubinden ist für eine qualitativ hochwertige<br />
und nachhaltige Gleichstellungspolitik unerlässlich<br />
und wird sowohl auf Ebene <strong>der</strong> Vereinten Nationen als auch<br />
auf Ebene <strong>der</strong> Europäischen Union zunehmend gefor<strong>der</strong>t.<br />
Das Österreichische NGO-CEDAW-Komitee besteht<br />
aus einer breitgefächerten Gruppe von Expertinnen für<br />
Frauen-, Gleichstellungs- und Menschenrechtspolitik,<br />
die sich seit 2006 für eine systematische Umsetzung<br />
<strong>der</strong> UN-Frauenrechtskonvention und damit für eine konsequente<br />
Gleichstellungspolitik quer durch alle Politikfel<strong>der</strong><br />
einsetzt. 428 Ziel unserer Arbeit ist es, je<strong>der</strong> Frau<br />
in Österreich und Frauen, die von österreichischer Außen-<br />
und Wirtschaftspolitik betroffen sind, die volle Inanspruchnahme<br />
aller ihr zustehenden Menschenrechte<br />
und Grundfreiheiten, tatsächlich und in allen Lebensbereichen,<br />
zu ermöglichen.<br />
Das Österreichische NGO-CEDAW-Komitee beteiligte<br />
sich mit einer Beurteilung <strong>der</strong> Lage von Frauenrechten<br />
in Österreich am <strong>der</strong>zeit laufenden Prozess <strong>der</strong> Allgemeinen<br />
Menschenrechtsprüfung (Universal Periodic Review)<br />
und arbeitet <strong>der</strong>zeit auch am CEDAW-Schattenbericht.<br />
7.2.5 Resümee & Ausblick<br />
7.2 Frauenrechte in <strong>Graz</strong><br />
Auch wenn dieser Beitrag nicht den Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erheben kann und will, so zeigt die hier skizzierte<br />
Lage, dass allein die ausgewählten CEDAW-Artikel<br />
noch lange nicht umgesetzt sind. Auf kommunaler<br />
Ebene ist es unabdingbar, dass die <strong>Stadt</strong> ihre Vorbildwirkung<br />
erkennt, sich dazu bekennt und sie lebt. Es wird<br />
parteiübergreifende Aufgabe sein, mehr Initiative zur<br />
Beseitigung <strong>der</strong> Diskriminierungen von Frauen in <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> zu ergreifen, um letztlich <strong>der</strong> Verpflichtung zur verbindlichen<br />
Umsetzung <strong>der</strong> CEDAW gerecht zu werden.<br />
428 Dem Österreichischen NGO-CEDAW-Komitee gehören neben unabhängigen Expertinnen u. a. Vertreterinnen folgen<strong>der</strong> Einrichtungen an: AÖF - Verein Autonome Österreichische<br />
Frauenhäuser, WIDE-Netzwerk, Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte, NÖ-Fortbildungsprojekt „Gewalt gegen Frauen - die Bedeutung des Gesundheitswesens“,<br />
Interventionsstelle gegen Gewalt in <strong>der</strong> Familie Wien, LEFÖ - Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen, Verein Österreichischer Juristinnen, International<br />
Alliance of Women, Österreichische Plattform für AlleinerzieherInnen, Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten, Europäische Frauenunion