Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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Für den seit 2003 stattfindenden jährlichen Rückgang<br />
<strong>der</strong> Einbürgerungszahlen sind im Wesentlichen zwei Aspekte<br />
verantwortlich: Einerseits wurden durch die am<br />
23. März 2006 in Kraft getretene Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz<br />
die Voraussetzungen für das Erlangen<br />
<strong>der</strong> österreichischen Staatsbürgerschaft erschwert.<br />
An<strong>der</strong>erseits ging die Zuwan<strong>der</strong>ung nach Österreich ab<br />
1993 zurück und dazu zeitversetzt in den letzten sechs<br />
Jahren auch die Verleihung <strong>der</strong> österreichischen Staatsbürgerschaft<br />
nach mindestens zehnjährigem und ununterbrochenem<br />
Hauptwohnsitz in Österreich (§ 10 Abs.<br />
1 StbG). 116<br />
Probleme und Defizite<br />
Das Einbürgerungsgesetz ist durch die erschwerten<br />
Voraussetzungen für den Erwerb <strong>der</strong> österreichischen<br />
Staatsbürgerschaft zu streng (Aufenthaltszeit von 10<br />
Jahren ist zu lang, die Kosten für die Einbürgerung sind<br />
zu hoch). 117 Auch erweisen sich viele Punkte des österreichischen<br />
Fremdenrechts aus menschenrechtlicher<br />
Perspektive als problematisch. Die Gewährung des humanitären<br />
Bleiberechts für gut integrierte, nicht straffällig<br />
gewordene und seit Jahren in Österreich lebende<br />
AsylwerberInnen müsste seitens <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
generell großzügiger und menschenrechtskonformer<br />
gestaltet werden, da diese Personengruppe in den ös-<br />
4.6 Schutz <strong>der</strong> Familie (Artikel 16 AEMR)<br />
terreichischen Gemeinden auf hohe Akzeptanz <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
stößt. Dies belegt z.B. <strong>der</strong> Fall <strong>der</strong> Familie<br />
Sharifi aus Leoben, als zahlreiche AkteurInnen auf kommunaler<br />
Ebene den Verbleib dieser Familie in Österreich<br />
erreicht haben. 118 Zu lange Asylverfahren begünstigen<br />
Perspektivenlosigkeit und Armut. Unzureichende Information<br />
und Betreuung von AsylwerberInnen schaffen<br />
zusätzliche Probleme. 119<br />
Empfehlungen<br />
- Die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> möge über den Städtebund an die Bundesregierung<br />
herantreten, um die zum Teil inhumanen<br />
Bestimmungen des österreichischen Fremdenrechts<br />
zu reformieren. Dazu empfiehlt sich die Einrichtung einer<br />
interinstitutionellen ExpertInnengruppe unter Koordination<br />
des <strong>Graz</strong>er Menschenrechtsbeirates, um<br />
die zu reformierenden Punkte zu benennen und für<br />
die Verhandlungen mit <strong>der</strong> Bundesregierung entsprechend<br />
aufzubereiten. 120<br />
- Die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> möge auch in Zukunft bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
für AsylwerberInnen schaffen,<br />
um dieser Personengruppe die Sicherung des Lebensunterhaltes<br />
wie auch eines besseren sozialen Status in<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft zu gewährleisten. 121<br />
Artikel 16 AEMR<br />
(1) Heiratsfähige Frauen und Männer haben ohne Beschränkung auf Grund <strong>der</strong> „Rasse“, <strong>der</strong> Staatsangehörigkeit<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Religion das Recht zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei <strong>der</strong> Eheschließung, während<br />
<strong>der</strong> Ehe und bei <strong>der</strong>en Auflösung gleiche Rechte.<br />
(2) Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung <strong>der</strong> künftigen Ehegatten geschlossen werden.<br />
(3) Die Familie ist die natürliche Grundeinheit <strong>der</strong> Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.<br />
Daten und Fakten<br />
Das Amt für Jugend und Familie ist mit über 1.000 MitarbeiterInnen<br />
die größte Abteilung im Magistrat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>.<br />
Die Zuständigkeit reicht von <strong>der</strong> Jugendwohlfahrt und dem<br />
Jugendschutz über die Kin<strong>der</strong>bildung und –betreuung bis<br />
hin zur offenen Kin<strong>der</strong>- und Jugendarbeit. 122 Das Gesamtbudget<br />
für das Amt für Jugend und Familie betrug im Jahr<br />
<strong>2009</strong> EUR 74.286.800, davon EUR 22.332.500 für den Geschäftsbereich<br />
<strong>der</strong> Jugendwohlfahrt. 123<br />
4.6 Schutz <strong>der</strong> Familie<br />
Die öffentliche Jugendwohlfahrt hat die Aufgabe, Beratung<br />
und Unterstützung <strong>der</strong> Familie bei <strong>der</strong> Erfüllung<br />
ihrer Aufgaben in <strong>der</strong> Pflege und Erziehung Min<strong>der</strong>jähriger<br />
zu leisten. Bei Gefährdung des Wohles von Min<strong>der</strong>jährigen<br />
durch Erziehungsberechtigte sind Eingriffe<br />
zum Schutz des/<strong>der</strong> Min<strong>der</strong>jährigen geboten. 124 Im Jahr<br />
2008 mussten für insgesamt 25 Min<strong>der</strong>jährige und im<br />
Jahr <strong>2009</strong> für insgesamt 42 Min<strong>der</strong>jährige gegen den<br />
116 Ibid. – 117 Vgl. MigrantInnenbeirat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 118 Vgl. ARGE Jugend gegen Rassismus und Gewalt, Beitrag zum<br />
<strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 119 MigrantInnenbeirat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 120 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus,<br />
<strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 121 Ibid. – 122 Vgl. <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> Jugend und Familie, Geschäftsbericht <strong>2009</strong> des Amtes für Jugend und Familie, S. 2. – 123 Vgl. <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong><br />
Jugend und Familie, Geschäftsbericht <strong>2009</strong> des Amtes für Jugend und Familie, S. 32. – 124 Vgl. Magistrat <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> 2007, zitiert in: <strong>Menschenrechtsbericht</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> 2007, S. 34.<br />
pdf (11.08.2010).