Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz

4.2 Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit, Verbot der Sklaverei, Verbot der Folter
gaben 40% der Frauen an, seit dem 16. Lebensjahr
körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt zu haben,
rund 25% gaben an, körperliche oder sexuelle Gewalt
in ihrer aktuellen Partnerschaft zu erleben oder in einer
früheren Partnerschaft erlebt zu haben. 68
- Laut der UN- Studie „Secretary-General‘s in-depth study
on violence against women“ aus dem Jahr 2006
wird weltweit jede dritte Frau im Laufe ihres Leben
Opfer von körperlicher Gewalt durch ihren Partner. 69
Das tatsächliche Ausmaß von Gewalt an Frauen ist allerdings
schwer zu beziffern, da viele Gewalthandlungen
auch gar nicht an die Öffentlichkeit dringen.
In der Stadt Graz existieren für von Gewalt betroffene
Frauen (und deren Kinder) drei Einrichtungen, die vom
Frauenreferat unterstützt werden bzw. mit denen eine
enge Zusammenarbeit besteht 70 :
- Frauenhaus Graz (www.frauenhaeuser.at)
- Verein Tara (www.taraweb.at)
- Gewaltschutzzentrum
(www.gewaltschutzzentrum-steiermark.at)
Das Frauenhaus Graz ist eine Schutzeinrichtung für
Frauen und deren Kinder und bietet Frauen, die häusliche
Gewalt (in Ehe, Lebensgemeinschaft oder durch
die Familie) erlebt haben, Unterstützung. Im Jahr 2009
konnten im Frauenhaus Graz insgesamt 132 Frauen, davon
74 (55%) Grazerinnen, im Alter von 18 bis über 60
Jahre, aufgenommen werden. In 84% aller Fälle waren
der Ehepartner, der Lebensgefährte oder der Ex-Partner
die misshandelnden Personen. 71
Der Verein TARA ist eine Beratungsstelle für Frauen und
Mädchen mit sexuellen Gewalterfahrungen. 2009 wurden
insgesamt 356 Frauen und Mädchen beraten und
begleitet. In der telefonischen Beratung waren 110 von
217 Frauen Grazerinnen (bei 28 Anruferinnen ist der
Wohnbezirk nicht bekannt), und in der persönlichen Beratung
waren es 71 von gesamt 91 Frauen. 72
Das Gewaltschutzzentrum Steiermark bietet psychosoziale
und juristische Unterstützung für Opfer von Gewalt
im sozialen Umfeld an. Im Jahr 2009 wurden 982 Personen
mindestens ein Mal persönlich beraten. Davon
waren rund 83% Frauen, 7% Mädchen, 6% Männer und
4% Buben. Von den gesamten 982 Personen stammten
rund 44% (433 Personen aus Graz). Das Beziehungs-
37
verhältnis „GefährderIn zum Opfer“ weist Ehemänner
mit 32%, Ex-Lebensgefährten mit 10,3% und Lebensgefährten
mit 9% am häufigsten aus. Im Vergleich sind
Ehefrauen mit 1,4%, Ex-Lebensgefährtinnen mit 0,4%
und Lebensgefährtinnen mit 0,1% äußerst selten. 2,2%
der TäterInnen waren unbekannt. 73
In der Ombudsstelle der UFB (Unabhängige Frauenbeauftragte
der Stadt Graz) suchten im Jahr 2009 sieben
Grazerinnen Unterstützung bei Gewalterfahrungen. 74
Probleme und Defizite
Die finanzielle Ausstattung der Einrichtungen ist oft
nicht ausreichend gegeben. Dem Verein TARA stehen
für das Jahr 2010 keine Mittel mehr für die Prozessbegleitung
zur Verfügung. Interventionen seitens der Stadt
Graz beim Bund konnten die angekündigte Mittelstreichung
nicht verhindern. 75 Nur dank der Kooperation mit
dem Gewaltschutzzentrum Steiermark war es möglich,
trotzdem Prozessbegleitung durch TARA-Mitarbeiterinnen
anzubieten.
TARA bietet für Frauen – unabhängig davon, wann ein
sexueller Übergriff stattgefunden hat – kostengünstig
Therapie an. Viele Frauen können sich eine Therapie in
freier Praxis nicht leisten. Da der Bedarf an Therapieplätzen
steigt, müsste dieses Angebot dringend ausgebaut
werden. 76
Die Nachbetreuung des Frauenhauses Graz ist für einen
nachhaltigen Ausstieg besonders wichtig und wird von
vielen Frauen genutzt. Aufgrund von Ressourcenknappheit
muss auf diesem Sektor jedoch massiv eingespart
werden. 77
Gute Praxis
Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“
Im Rahmen der internationalen Kampagne „16 Tage gegen
Gewalt an Frauen“ rund um den Internationalen Tag
gegen Gewalt an Frauen (25. November) wurde auch
eine Reihe von Initiativen und Aktionen in Graz ins Leben
gerufen. So hat auch erstmals eine gemeinsame
Aktion des Frauenausschusses des Österreichischen
Städtebundes stattgefunden. 78 Unter dem Motto „Wir
pfeifen auf Gewalt“ setzte Graz gemeinsam mit anderen
Mitgliedsstädten am 25. November 2009 ein lautes
und deutliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Rund
80 Frauen und Männer fanden sich am Schlossberg ein
und nahmen am Pfeifkonzert teil. 79
68 Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland, BM f. Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Deutschland 2004, zitiert in: Magistrat Graz, Frauenreferat,
Resolution gegen Gewalt an Frauen, online verfügbar, http://www.grazerfrauenrat.at/cms/uploads/Resolution%20gegen%20Gewalt.pdf (11.08.2010). – 69 http://
www.un.org/womenwatch/daw/vaw/ zitiert in: Magistrat Graz, Frauenreferat, Resolution gegen Gewalt an Frauen, online verfügbar, http://www.grazerfrauenrat.at/cms/uploads/Resolution%20gegen%20Gewalt.pdf
(11.08.2010). – 70 Vgl. Magistrat Graz, Frauenreferat, Beitrag zum Menschenrechtsbericht 2009. – 71 Vgl. Unabhängige Frauenbeauftragte,
Maggie Jansenberger, Mail vom 8.9.2010. – 72 Vgl. Unabhängige Frauenbeauftragte, Maggie Jansenberger, Mail vom 26.8.2010. – 73 Ibid. – 74 Ibid. – 75 Ibid.
– 76 Vgl. Unabhängige Frauenbeauftragte, Maggie Jansenberger, Mail vom 29.9.2010. – 77 Vgl. Unabhängige Frauenbeauftragte, Maggie Jansenberger, Mail vom 8.9.2010.
– 78 Vgl. Magistrat Graz, Frauenreferat, Beitrag zum Menschenrechtsbericht 2009. – 79 Vgl. Grazer Frauenrat, Wir pfeifen auf Gewalt an Frauen!, online verfügbar, http://
www.grazerfrauenrat.at/cms/index.php?page=wir-pfeifen-auf-gewalt-an-frauen (11.08.2010).