Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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7.1 Kin<strong>der</strong>rechte in <strong>Graz</strong><br />
Freunden zu treffen. Das Internet ist jedoch nicht aufzuhalten.<br />
369<br />
Das Internet ist nicht die Gefahr, aber die Nebenwirkungen<br />
wie zu großzügige Datenbekanntgabe, nichtlöschbare<br />
Inhalte, soziale Isolierung, Abhängigkeit von<br />
sozial-digitalen Netzwerken ... können gefährlich sein.<br />
Das Handy ist nicht die Gefahr, aber Stalking und Mobbing<br />
per Handy, die Weitergabe von Videos mit pornografischem<br />
o<strong>der</strong> gewalttätigem Inhalt, horrende Kosten,<br />
... machen das Leben schwerer statt leichter.<br />
Computerspiele sind nicht die Gefahr, aber exzessiver<br />
Spieltrieb, hohe Kosten, Vernachlässigung von Arbeit<br />
o<strong>der</strong> Schule, Abhängigkeit ... tragen zum schnellen<br />
Übergang von „in“ zu „out“ bei.<br />
Auch wenn das Recht auf Information kein grazspezifisches<br />
Phänomen ist, ist es kin<strong>der</strong>- und jugendspezifisch.<br />
Je<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> muss sich daher bewusst sein, dass<br />
<strong>der</strong> Wunsch nach städtischer Information (Freizeitangebote,<br />
städtische Raumnutzung, Jugend-Programmangebote,<br />
...) und gesellschaftspolitischer Beteiligung (<strong>Stadt</strong>raumentwicklung,<br />
jugendrelevante Politikbeschlüsse, ...)<br />
existiert. Das Recht auf kind- und jugendgerechte Information<br />
durch tagesaktuelle, kritische und altersgemäße<br />
Medien wie z. B. Zeitung und Radio sollte ebenso regional<br />
abgedeckt sein.<br />
Das Kind als Opfer<br />
Artikel 19: Das Verbot von Gewalt gegen Kin<strong>der</strong><br />
Artikel 20: Das Recht auf Fürsorge und Schutz<br />
Artikel 34: <strong>Der</strong> Schutz vor sexuellem Missbrauch<br />
Artikel 39: Das Recht auf Schonung und Schutz von Kin<strong>der</strong>n<br />
als Opfer von Gewalt<br />
Gewalt in <strong>der</strong> Erziehung hat eine lange Tradition, und obwohl<br />
sie schon seit 1989 gesetzlich verboten ist, vollzieht<br />
sich ein Einstellungswandel dazu in Österreich nur langsam.<br />
Meinungen wie: ‚Eine Ohrfeige hat noch keinem Kind<br />
geschadet’, ‚Die Kin<strong>der</strong> betteln drum’, ‚Die Kin<strong>der</strong> vergessen<br />
das eh schnell’, usw. sind noch immer häufig<br />
zu hören. 370<br />
Weniger bekannt ist das gesetzlich verankerte ‚Züchtigungsverbot’<br />
(§ 146 a ABGB):<br />
‚Das min<strong>der</strong>jährige Kind hat die Anordnungen <strong>der</strong> Eltern<br />
zu befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen<br />
und <strong>der</strong>en Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit<br />
des Kindes Bedacht zu nehmen; die Anwendung<br />
von Gewalt und die Zufügung körperlichen o<strong>der</strong><br />
seelischen Leides sind unzulässig. 371<br />
89<br />
Viele <strong>der</strong> alltäglich vorkommenden körperlichen Gewaltanwendungen<br />
wie Ohrfeigen und Schläge hinterlassen<br />
keine sichtbaren Spuren. Immer wie<strong>der</strong> werden<br />
Blutungen, Schürfungen, Blutergüsse, Striemen, Verbrennungen,<br />
Rissquetschwunden, Ausriss von Haarbüscheln,<br />
Bissverletzungen u. a. m. von niemandem aus<br />
dem Umfeld des Kindes als Misshandlungen erkannt.<br />
Denn alle diese Anzeichen sind Hinweise, aber keine<br />
Beweise.<br />
Seelische Gewalt ist von Außenstehenden noch schwerer<br />
zu erkennen als körperliche Misshandlung. Sie äußert<br />
sich durch Aussagen, Handlungen o<strong>der</strong> Haltungen Erwachsener,<br />
die dem Kind Ablehnung, Demütigung o<strong>der</strong><br />
das Gefühl wertlos zu sein vermitteln. Seelische Gewalt<br />
ist in unserer Gesellschaft die häufigste Form <strong>der</strong> Gewalt<br />
an Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen. Dazu ein paar Beispiele:<br />
‚Du bist zu blöd für alles’, ‚Wenn ich das gewusst<br />
hätte, hätte ich keine Kin<strong>der</strong> gewollt’, ‚Wenn du nicht<br />
brav bist, kommt <strong>der</strong> böse Mann’, ‚Entwe<strong>der</strong> du tust<br />
das jetzt sofort, o<strong>der</strong> es gibt Schläge’, ‚Du bist ein Trottel,<br />
eine Hure, behin<strong>der</strong>t’, ... . Die Beispiele ließen sich<br />
beliebig fortsetzen. Die Versuchung ist groß, denn wie<br />
schnell geht in einer angespannten Situation <strong>der</strong> Hilflosigkeit<br />
so ein Ausdruck über die Lippen.<br />
Von Vernachlässigung spricht man, wenn grundlegende<br />
körperliche und seelische Bedürfnisse des Kindes von<br />
<strong>der</strong> Familie nicht o<strong>der</strong> nur unzulänglich befriedigt werden,<br />
z. B. durch mangelnde Ernährung, Pflege, Hygiene,<br />
medizinische Versorgung, mangelnde Aufsicht, häufiges<br />
Alleinlassen, keinen Schutz vor Gefahren, mangelnde<br />
Anregungen für eine altersgemäße geistige, soziale<br />
und seelische Entwicklung. Vernachlässigung ist oft<br />
ein Hinweis auf soziale Probleme einer Familie wie Arbeitslosigkeit,<br />
materielle Not, Krankheit o<strong>der</strong> schlechte<br />
Wohnverhältnisse. Beson<strong>der</strong>s gefährdet sind auch ungewollte<br />
o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong>.<br />
Aber auch in höheren sozialen Schichten kann es zu einer<br />
speziellen Form <strong>der</strong> Vernachlässigung kommen. Diese<br />
äußert sich in Zeitmangel und fehlendem Beziehungsangebot<br />
für Kin<strong>der</strong>. Diese fühlen sich allein gelassen<br />
und sind dadurch in ihrer Entwicklung gefährdet - das<br />
kann z. B. zu Essstörungen, Suchtverhalten o<strong>der</strong> Beziehungsstörungen<br />
führen.<br />
Sexuelle Gewalt. Es ist nicht möglich, das tatsächliche<br />
Ausmaß von sexuellem Missbrauch verlässlich anzugeben.<br />
Hauptursache für die hohe Dunkelziffer ist <strong>der</strong><br />
Geheimhaltungsdruck – das Schweigegebot –, <strong>der</strong> auf<br />
den Opfern lastet und bei so vielen zu Sprachlosigkeit<br />
369 Virtuell statt real“ Susanne Geber, Corinna Weixler; SchülerInnen machen Zeitung, 24. März 2010, Musikgymnasium Dreihackengasse <strong>Graz</strong> übers INTERNET. – 370<br />
„Gewalt an Kin<strong>der</strong>n“, Broschüre <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendanwaltschaft Steiermark, <strong>Graz</strong>, 2008. – 371 ABGB, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch § 146a. „Allgemeines<br />
Züchtigungsverbot“.