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Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz

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2. Die Menschenrechtssituation <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> im Überblick<br />

Gewissens- und Religionsfreiheit<br />

Während einerseits <strong>der</strong> religiöse Pluralismus immer<br />

mehr zur „Normalität“ wird, existieren nach wie vor Abwehrhaltungen<br />

gegen das „An<strong>der</strong>e“ in beachtlichem<br />

Ausmaß, wie z.B. die Debatte über „den Islam“ und den<br />

Moscheebau zeigt. Das Schüren von kollektiven Ängsten<br />

gegen den Islam erfolgte bekanntlich auch im <strong>Graz</strong>er<br />

Gemein<strong>der</strong>atswahlkampf im Jahr 2008. Die Abgrenzungspropaganda<br />

fällt bei Jugendlichen auf fruchtbaren<br />

Boden. Dies zeigt auch das bedenkliche Ergebnis einer<br />

Befragung unter 236 steirischen SchülerInnen, bei <strong>der</strong><br />

75% <strong>der</strong> Befragten den Bau von Moscheen ablehnten.<br />

In manchen Hauptschulen sprachen sich sogar 100%<br />

eindeutig dagegen aus.<br />

Klassische „Sekten“, die sich zunehmend als harmlos<br />

profilieren möchten, erfahren kaum Zuwachs. Hingegen<br />

steigt die Anhängerschaft intoleranter fundamentalistischer<br />

Gruppierungen christlicher und muslimischer<br />

Zugehörigkeit in <strong>Graz</strong> seit Jahren.<br />

Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit<br />

Im Kapitel Meinungsfreiheit wird kritisiert, die Medienberichterstattung<br />

über MigrantInnen sei diskriminierend<br />

und problematisch, da (mutmaßliche) Straftaten<br />

mit <strong>der</strong> Herkunft <strong>der</strong> Personen pauschal gekoppelt werden.<br />

Ebenso problematisch ist das medial stilisierte und<br />

in Folge von einer breiten Öffentlichkeit imaginierte Bild<br />

„<strong>der</strong> Migrantin“ als die kopftuchtagende, ausschließlich<br />

unterdrückte und schlecht qualifizierte Frau. Eine Analyse<br />

sämtlicher Artikel <strong>der</strong> Kleinen Zeitung aus dem Jahr<br />

ergab, dass in den Kategorien Politik, Gewalt, Drogen<br />

und Sport über AfrikanerInnen berichtet wurde. Lediglich<br />

in <strong>der</strong> Kategorie Sport wurde durchgehend positiv<br />

über AfrikanerInnen berichtet. Eine positive Berichterstattung<br />

von AfrikanerInnen erfolgte insgesamt in weniger<br />

als einem Drittel <strong>der</strong> Fälle.<br />

Soziale Sicherheit<br />

Das Recht auf soziale Sicherheit und das Recht auf angemessene<br />

Lebensführung kamen <strong>2009</strong> stark unter<br />

den Druck <strong>der</strong> Wirtschaftskrise. <strong>Der</strong> erste <strong>Graz</strong>er Armutsbericht<br />

betont, dass ohne Transferleistungen wie<br />

Sozialhilfe und Pensionen knapp die Hälfte <strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er<br />

Bevölkerung von Armut bedroht o<strong>der</strong> von manifester Armut<br />

betroffen wäre.<br />

Fast ein Drittel <strong>der</strong> <strong>Graz</strong>erInnen verdiente weniger als<br />

12.000 Euro Brutto im Jahr 2007. Diese Personen mussten<br />

mit einem durchschnittlichen Nettomonatsgehalt<br />

von 324 Euro leben. 32% aller PensionistInnen erging<br />

es im selben Jahr gleich. Sie bezogen eine Bruttojahrespension<br />

unter 12.000 Euro. Zu beiden Gruppen zählten<br />

19<br />

überdurchschnittlich viele Frauen.<br />

Mit Stand Ende September <strong>2009</strong> haben 11.810 <strong>Graz</strong>erInnen<br />

Arbeitslosenleistungen (wie z.B. Arbeitslosengeld,<br />

Notstandshilfe, Schulungsleistungen, etc.) bezogen.<br />

38%, davon wie<strong>der</strong>um mehr Frauen als Männer,<br />

erhielten Bezüge, die 600 Euro monatlich nicht überschritten.<br />

Im Jahr <strong>2009</strong> betrugen die Gesamtausgaben für die Sozialhilfe<br />

rund 94,5 Millionen Euro (knapp 20 Millionen<br />

Euro mehr als im Jahr 2007).<br />

Alarmierend ist die Tendenz zur versteckten Armut. Von<br />

bis zu 61% <strong>der</strong> Haushalte, die Anspruch auf Sozialhilfe<br />

hätten, wurde diese nicht beantragt. Gründe dafür sind<br />

einerseits fehlende Information o<strong>der</strong> <strong>der</strong> damit verbundene<br />

hohe bürokratische Aufwand, als häufigere Ursache<br />

werden von ExpertInnen Schamgefühle und Angst vor<br />

Stigmatisierung vermutet.<br />

Bereits die <strong>Menschenrechtsbericht</strong>e 2007 und 2008<br />

stellten die generelle Tendenz zur Denkweise fest, das<br />

Recht auf soziale Sicherheit in Frage zu stellen und die<br />

Verantwortung primär den Einzelpersonen zu übertragen.<br />

Diese Tendenz stellt Sozialleistungen in Frage und<br />

macht es zunehmend schwieriger, neue notwendige<br />

Leistungen zu implementieren.<br />

Angemessene Lebensführung<br />

Die Zahl <strong>der</strong> für Gemeindewohnungen vorgemerkten<br />

Personen hat sich seit Jänner 2006 mehr als verdoppelt.<br />

In <strong>Graz</strong> herrscht bekannter Weise eine starke sozialräumliche<br />

Segregation, welche soziale Probleme<br />

weiter verschärft und verfestigt. Im öffentlichen und medialen<br />

Diskurs führt <strong>der</strong> Umstand, dass Personen mit<br />

Migrationshintergrund und unterprivilegierte Personen<br />

zumeist in den Bezirken des rechten Murufers leben, oft<br />

zum Eindruck von „Ghetto-Bildungen“ und damit verbunden<br />

zu rassistischen und diskriminierenden Abwehrhaltungen.<br />

Um <strong>der</strong> zunehmenden Segregation im <strong>Stadt</strong>gebiet<br />

und auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken<br />

und das Recht auf ein angemessenes Wohnumfeld zu<br />

sichern, ist neben einer Erhöhung des Gemeindewohnangebotes<br />

insbeson<strong>der</strong>e eine Professionalisierung bezüglich<br />

erfolgter Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt,<br />

sowohl in Bezug auf die Vergabe von Wohnraum<br />

als auch im täglichen Zusammenleben, das durch deutliche<br />

Ausschließungsprozesse sozial benachteiligter<br />

Gruppen gekennzeichnet ist, erfor<strong>der</strong>lich.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er Gesellschaft ist nicht nur die Gesundheit<br />

ungleich verteilt, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Zugang zu Gesundheitsleistungen.<br />

Ein starker Trend zu einer Zweiklassenversorgung<br />

im Gesundheitsbereich, <strong>der</strong> parallel zur

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