Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2009 - ETC Graz
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4.2 Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit, Verbot <strong>der</strong> Sklaverei, Verbot <strong>der</strong> Folter<br />
Durch unzureichende personelle, finanzielle und räumliche<br />
Rahmenbedingungen im schulischen und außerschulischen<br />
Bereich werden bestehende Konfliktsituationen<br />
und Gewaltpotenziale unter Jugendlichen<br />
verschärft: Alle Formen von Gewalt, Rassismus und<br />
Diskriminierung finden aus verhältnispräventiver Einschätzung<br />
einen guten Nährboden bei restriktiven Rahmenbedingungen.<br />
90 <strong>Der</strong> Bedarf an leistbarer Mobbing-<br />
Interventionsarbeit an <strong>Graz</strong>er Schulen ist höher als das<br />
zur Verfügung stehende Angebot und kann nicht ausreichend<br />
gedeckt werden. 91<br />
Finanzielle Mittel für geschlechterspezifische Gewaltpräventionsarbeit,<br />
<strong>der</strong>en Bedarf und Notwendigkeit unumstritten<br />
ist, gibt es keine. Auch scheint sich nach wie<br />
vor das „Feuerwehrprinzip“ zu behaupten, während an<br />
einer langfristigen und kontinuierlichen Arbeit, die eine<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gewaltdynamik erst ermöglicht, nur<br />
wenig Interesse besteht. 92<br />
Es muss aus präventionspolitischer Perspektive mit<br />
Nachdruck darauf hingewiesen werden, die Rahmenbedingungen<br />
(personell, finanziell und räumlich) von Schulen<br />
und Jugendeinrichtungen in <strong>Graz</strong> massiv zu verbessern.<br />
Mögliche katastrophale soziale Auswirkungen,<br />
die aus kurzsichtigen Budgetrestriktionen entstehen,<br />
führen zu einem gesellschaftlichen Schaden, dessen<br />
Ausmaß die kurzfristigen Einsparungen übersteigt. 93<br />
Gefragt ist vielmehr ein klarer und offener wissenschaftlicher<br />
Blick auf die Schlüsselbereiche des heterogenen<br />
Zusammenlebens einer <strong>Stadt</strong> und eine überfällige systematische<br />
Inte¬grationspolitik, die auf hohem bedarfsgerechtem<br />
Ressourceneinsatz, auf Menschenrechts- und<br />
Verfassungsorientierung gründet. Die europäische und<br />
österreichische Rechtsordnung repräsentieren dabei die<br />
Grundlage und das Ziel dieser Integrationspolitik. Anzustreben<br />
ist die Vision eines friedlichen und gerechten<br />
Miteinan<strong>der</strong>s aller Kulturen, Ethnien, Geschlechter, Generationen<br />
und Religionen, was von Kindesbeinen an<br />
trainiert werden sollte, um eine gerechtigkeitsbasierte –<br />
ethnische, kulturelle o<strong>der</strong> religiöse – „Farbenblindheit“<br />
im Alltagshandeln mittelfristig zu etablieren. Dazu bedarf<br />
es eines erst zu entwickelnden Paradigmenwechsels<br />
von <strong>der</strong> ethnisierenden und kulturalisierenden<br />
„Gruppenzugehörigkeit“ zur Fokussierung von „Handlungsmustern<br />
in alltäglicher Praxis“.<br />
39<br />
Gute Praxis<br />
An einigen <strong>Graz</strong>er Schulen finden Mediationsprojekte<br />
und Streitschlichtungsprogramme statt. 94 Als Beispiel<br />
kann hier die Mobbingintervention durch das Friedensbüro<br />
<strong>Graz</strong> angeführt werden. 95<br />
<strong>Der</strong> Landesschulrat Steiermark berichtet, dass das Thema<br />
Gewaltprävention im Schuljahr 2008/<strong>2009</strong> als pädagogisches<br />
Schwerpunktthema gewählt wurde. 96<br />
Empfehlungen<br />
- Ein bedarfs- und nachfrageorientierter Ausbau von Schulen<br />
und Jugendeinrichtungen mit entsprechenden Ressourcen<br />
in finanzieller und räumlicher Hinsicht wird<br />
empfohlen. Überdies sollte ein zielorientierter interinstitutioneller<br />
Arbeitskreis, bestehend aus Politik, Verwaltung,<br />
NGOs, Sozialpartner und Unternehmen, von <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> eingeladen werden, um eine Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Rahmenbedingungen für Menschenrechts-, Antidiskriminierungs-<br />
und Integrationsarbeit zu entwickeln. 97<br />
- Die Einrichtung einer Mobbinginterventionsstelle für<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche im Bildungsbereich (Schulen,<br />
Lehrlingsausbildung, etc.) zur Beratung bzw. Unterstützung<br />
von Jugendlichen, Eltern und PädagogInnen<br />
bzw. DienstgeberInnen wird empfohlen. (Die Ressourcen<br />
des Friedensbüros <strong>Graz</strong> reichen <strong>der</strong>zeit nicht für<br />
eine Abdeckung des Bedarfs in <strong>Graz</strong> aus.) 98<br />
- Eine Zusammenschau aller gewaltpräventiven Maßnahmen<br />
und das Bekenntnis zu einer langfristigen Planung,<br />
die den Fokus auf <strong>der</strong> MultiplikatorInnen-Ebene<br />
hat, sind zu empfehlen. Erwachsene, die im System<br />
tätig sind, müssen entsprechend gute und hilfreiche<br />
Interventionen setzen können. 99<br />
- Neben geeigneten Maßnahmen für Gewaltopfer (Verbesserung<br />
des Opferschutzes und <strong>der</strong> Betreuung von<br />
jugendlichen Gewaltopfern) müssen zusätzlich auch<br />
die sogenannten TäterInnen in Maßnahmen miteinbezogen<br />
werden. Es zeigt sich, dass eine Verhaltensän<strong>der</strong>ung<br />
von Seiten <strong>der</strong> z.B. gewalttätigen Jugendlichen<br />
ein wichtiger Opferschutz ist. 100<br />
- Bei den im Bericht 2008 empfohlenen MitarbeiterInnenschulungen<br />
im Gesundheitswesen gilt es zu beachten,<br />
dass auch Männer und männliche Jugendliche<br />
an den Folgen von Gewalt leiden. Es gilt innerhalb <strong>der</strong><br />
Schulungen daher ebenso den Fokus auf Gewaltdynamik<br />
und somit auf beide Seiten zu legen. 101<br />
90 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 91 Vgl. Friedensbüro <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 92<br />
Vgl. Männerberatung <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 93 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. Weiters<br />
empfiehlt die ARGE Jugend, dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> bzw. das BMI Kooperationsprojekte zwischen Jugend-, Sozial- und Bildungseinrichtungen auf <strong>der</strong> einen Seite und den<br />
Präventionsbeamten <strong>der</strong> Exekutive auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite finanzieren möge, um mit auffälligen und delinquenten Jugendlichen interinstitutionell arbeiten zu können. – 94<br />
ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 95 Vgl. Friedensbüro <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 96 Vgl.<br />
Landesschulrat Steiermark, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 97 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 98<br />
Vgl. Friedensbüro <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 99 Vgl. Männerberatung <strong>Graz</strong>, Beitrag zum <strong>Menschenrechtsbericht</strong> <strong>2009</strong>. – 100 Ibid. – 101 Ibid.