PDF-Download - Deutsche Geodätische Kommission
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8.1 Das Ausbreitungsmedium Neutrosphäre 99<br />
Eine alternative Modellvorstellung teilt das Ausbreitungsmedium in einen hydrostatischen (Index: h) und den nichthydrostatischen<br />
Restanteil (Index: nh) ein:<br />
∆NEU = ∆ NEU , h ∆NEU<br />
, nh + . (8-12)<br />
Durch Kombination von Gleichung (8-10)-(8-12) ergeben sich die Gleichungen (8-13) und (8-14).<br />
Zenit<br />
Zenit<br />
∆NEU = fMF,d ∆ NEU , d + fMF,w ∆ NEU , w<br />
(8-13)<br />
Zenit<br />
Zenit<br />
∆NEU = fMF,h ∆ NEU , h + fMF,nh ∆ NEU , nh<br />
(8-14)<br />
Für jeden Atmosphärenanteil (d, w, h bzw. nh) kann somit eine Umrechnung in diskrete, von der Vertikalen abweichende<br />
Richtungen unter Verwendung einer entsprechenden Mapping-Funktion erfolgen.<br />
Der hydrostatische Anteil ergibt sich aus atmosphärischen Gasen, die sich im hydrostatischen Gleichgewicht befinden.<br />
Er wird durch den Druck der trockenen Luft und den Partialdruck des Wasserdampfes verursacht. In erster Näherung ist<br />
der hydrostatische identisch mit dem trockenen Anteil, der alle nicht feuchten atmosphärischen Bestandteile umfasst.<br />
Die Verzögerung durch den hydrostatischen Anteil der Neutrosphäre ist nahezu konstant und mit der Zeit nur langsam<br />
veränderlich (HAAS 1996). ROTHACHER UND SCHAER (1995) führen mit 1 cm pro 6 h eine langsame zeitliche<br />
Änderungsrate an. MÜLLER UND ZERBINI (1989) geben mit 2 cm pro 12 h vergleichbare Gradienten an. Diese Tatsache<br />
sowie der Beitrag des trockenen Anteils von nahezu 90%(-100%) zur gesamten neutrosphärischen Laufzeitverzögerung<br />
sorgen im Gegensatz zum Einfluss der Ionosphäre dafür, dass die durch die elektrisch neutrale Atmosphäre begründeten<br />
Einflüsse in erster Näherung als konstant angesehen werden können. JANES ET AL. (1991) geben für mittlere Breiten<br />
Jahresschwankungen von 2-3 cm an. BOCK UND DOERFLINGER (2000) halten hingegen Variationen von 5 cm für<br />
realistischer. Nach KLOBUCHAR UND KUNCHES (2003) sind Variationen charakteristisch, die weniger als 20% betragen.<br />
Der nicht-hydrostatische Anteil des Einflusses der Neutrosphäre hingegen ist in der Interaktion (Resonanz) zwischen<br />
GPS-Signal und den hauptsächlich in den unteren 3-5 km der elektrisch neutralen Atmosphäre vorhandenen Wassermolekülen<br />
des Wasserdampfes und des deutlich geringeren und deshalb i.d.R. vernachlässigten Anteils 8-5 des atmosphärischen<br />
Wassers (BEVIS ET AL. 1994) begründet. Somit ist er abhängig von Feuchtigkeit und Temperatur, selten von<br />
Wolken oder Regen. Der nicht-hydrostatische Anteil trägt allen Bestandteilen Rechnung, die sich nicht im hydrostatischen<br />
Gleichgewicht befinden. Der Feuchtanteil nimmt größere Werte als der nicht-hydrostatische Anteil an. NIELL<br />
ET AL. (2001) beziffern den Unterschied auf 3.3%, BÖHM (2004) basierend auf Wettermodelldaten auf 3.5%. In Kapitel<br />
8.3.4.2 werden für den Bereich der Antarktischen Halbinsel die Unterschiede zwischen trockener und hydrostatischer<br />
bzw. feuchter und nicht-hydrostatischer Komponente quantifiziert. ∆NEU,nh ist zeitlich und räumlich sehr variabel 8-6 und<br />
deshalb äußerst schwer zu erfassen bzw. zu handhaben. Die Variation ist in den Sommermonaten deutlich größer als im<br />
Winter. Er kann an bestimmten Orten (z.B. Tropen) unter bestimmten Bedingungen bis zu 10% von ∆NEU ausmachen<br />
(BEUTLER ET AL. 1990). JANES ET AL. (1989) oder BAUER (2002) geben den allgemeinen Einfluss der feuchten<br />
Komponente mit 10% an, SOLHEIM ET AL. (1999) mit 5%. Andere Quellen führen als maximale zenitale Werte von<br />
40 cm an. In ariden Gebieten ist auf Grund des fehlenden Wasserdampfes der Anteil der feuchten Komponente sehr<br />
klein (wenige Millimeter), wohingegen in äquatorialen Bereichen deutlich größere Werte (wenige Dezimeter in Zenitrichtung)<br />
angenommen werden können (BOCK UND DOERFLINGER 2000). Für mittlere Breiten geben JANES ET AL.<br />
(1991) zenitale Maximalwerte von wenigen Zentimetern bis zu 30 cm an. CUCURULL (2001) bestätigt diesen Wert für<br />
Meeresniveau. Diese Angaben belegen, dass der feuchte Anteil vergleichend zum trockenen Anteil lediglich kleine<br />
Beträge annimmt. Die zeitliche Variation der feuchten Komponente wird z.B. in JANES ET AL. (1989) als drei bis vier<br />
Mal so hoch beziffert wie die Variation des trockenen Anteils. DODSON ET AL. (1996) beobachten maximale Gradienten<br />
von 6 cm pro 2 h. Typisch sind nach GENDT UND BEUTLER (1995) Tagesvariationen von 1-2 cm. Auf Grund des<br />
vergleichend zum Inland deutlich höheren Wasserdampfanteils sind in Küstenregionen die Fluktuationen höher (HAASE<br />
ET AL. 2001). Neben den starken Variationen in Zenitrichtung wird die Unsicherheit größer, mit welcher der Einfluss<br />
des Wasserdampfes mit zunehmender Zenitdistanz bestimmt werden kann.<br />
ZABLOTSKYJ (2001) gibt für die Station Vernadsky des im weiteren Verlaufs der Arbeit behandelten Verdichtungsnetzes<br />
der Antarktischen Halbinsel basierend auf Radiosondierungen 8-7 den zenitalen Einfluss der Neutrosphäre für den<br />
Sommermonat Januar bzw. den Wintermonat August den mittleren trockenen (feuchten) Anteil zu 2245 mm (72 mm)<br />
bzw. 2259 mm (38 mm) an, so dass der Einfluss der feuchten Atmosphäre deutlich geringer erscheint als bspw. in<br />
mitteleuropäischen Gebieten.<br />
8-5 Nach CUCURULL ET AL. 2000 beträgt der Anteil des flüssigen Wassers an der gesamten feuchten neutrosphärischen Laufzeitverzögerung ca. 1%.<br />
TREGONING ET AL. (1998) hingegen schätzen den Einfluss des flüssigen atmosphärischen Wassers am gesamten neutrosphärischen Einfluss selbst bei<br />
extremen Wettersituationen als kleiner 1%.<br />
8-6 HENDY (1990) führt an, dass der feuchte Anteil 35 Mal so variabel sei wie der hydrostatische Anteil.<br />
8-7 Radiosonden werden zur Erfassung von meteorologischen Parametern der Atmosphäre bis in große Höhen verwendet, siehe Kapitel 8.2.1.3.