PDF-Download - Deutsche Geodätische Kommission
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172 8. Neutrosphärische Refraktion<br />
Die VMF stellt eine Verbesserung der nicht-hydrostatischen Komponente der IMF dar, da einzelne nicht allgemeingültige<br />
Annahmen der IMF korrekter behandelt werden und zudem für eine gesteigerte vertikale Auflösung gesorgt<br />
wird. In BÖHM (2004) beschriebene Untersuchungen weisen Verbesserungen für die geschätzte Höhenkomponente<br />
nach.<br />
Daneben sind in ROCKEN ET AL. (2001) und ROCKEN ET AL. (2003) sog. direkte Mapping-Funktionen entwickelt,<br />
welche zeit- und ortsabhängige Refraktionsprofile nummerischer Wettermodelle (z.B. NCEP) zur verbesserten Atmosphärenmodellierung<br />
verwenden, um durch die Bestimmung von für den Messzeitpunkt gültigen Mapping-Funktionen<br />
eine Nutzung von GPS-Daten niedrigster Elevationen zu ermöglichen. Mit der Modellierung der neutrosphärischen<br />
Laufzeitverzögerung basierend auf Vorhersagen, welche aus nummerischen Wettermodellen gewonnen wurden, beschäftigen<br />
sich u.a. PANY ET AL. (2001) oder SCHÜLER (2001). Auch JENSEN ET AL. (2002) bestätigen mit ihren Untersuchungen<br />
das Potential (z.B. Steigerung der Genauigkeit) der Nutzung von Wettermodelldaten. Die Vorgehensweise<br />
ist jedoch eine alternative, da die Verbesserungen an die originären GPS-Beobachtungen angebracht werden<br />
8.7 Erweiterte neutrosphärische Modellbildung<br />
Die in diesem Unterkapitel beschriebene erweiterte Modellbildung für die elektrisch neutrale Atmosphäre ist notwendig,<br />
da v.a. der Einfluss der durch den Wasserdampf dominierten nicht-hydrostatischen Komponente, eingeschränkt<br />
jedoch auch der Einfluss der hydrostatischen Komponente, auf die Ausbreitung von GPS-Signalen unter Verwendung<br />
der im bisherigen Verlauf dieses Kapitels erläuterten empirischen Modelle nur bedingt mit ausreichender Zuverlässigkeit<br />
vorhergesagt werden kann. Dies gilt im Besonderen für die Auswertung von langen Basislinien, die zudem große<br />
Höhendifferenzen aufweisen (KLEIJER 2004) bzw. wenn an den Netzstationen unterschiedliche atmosphärische Bedingungen<br />
herrschen, wodurch die neutrosphärischen Einflüsse durch das Hilfsmittel der differenziellen Auswertung<br />
nicht vollständig eliminiert werden können. Die Modellierung der neutrosphärischen Laufzeitverzögerung unter Verwendung<br />
von empirischen Prädiktionsmodellen kompensiert somit auf Grund von geringen räumlichen Korrelationen<br />
der auf Beobachtungsstationen zeitgleich empfangenen GPS-Signale den Einfluss der Neutrosphäre nicht vollständig.<br />
RAQUET (1998) führt Werte von ca. 1.5 cm für den verbleibenden zenitalen neutrosphärischen Einfluss unter normalen<br />
Bedingungen bei Stationsentfernungen von ca. 70 km an, die Restfehler betragen in kleinräumigen Netzen (Ausdehnung<br />
kleiner 20 km), die zudem geringe Höhenunterschiede (∆H < 100 m) aufweisen, lediglich wenige Millimeter,<br />
wohingegen bei großräumigen Anwendungen und inhomogenen atmosphärischen Bedingungen deutlich größere nicht<br />
modellierte Restfehler verbleiben. Nach COLLINS UND LANGLEY (1997) kann der durch unzureichende Modellprädiktion<br />
verbleibende neutrosphärische Restfehler die größte Fehlerquelle von hochgenauen, mehrfrequenten GPS-<br />
Beobachtungen darstellen. Eine signifikante Verbesserung der GPS-Auswertung bspw. bei der Festsetzung der<br />
Phasenmehrdeutigkeiten ist jedoch möglich, wenn das funktionale Modell zur Elimination dieses Restfehlereinflusses<br />
um neutrosphärische Zusatzparameter erweitert wird. Hierbei können im Rahmen des überbestimmten Ausgleichungsprozesses<br />
entweder a priori unbekannte neutrosphärische Zusatzparameter geschätzt werden oder es kann durch externe<br />
Zusatzinformationen versucht werden, diesem Problem entgegen zu wirken.<br />
Die in diesem Unterkapitel abschließend erarbeitete Strategie zur Modellierung der Einflüsse der elektrisch neutralen<br />
Erdatmosphäre wird unter Berücksichtigung der in den vorhergehenden Kapiteln gewonnenen Erkenntnissen angewandt,<br />
um die vorliegenden GPS-Beobachtungsdaten auszuwerten. Diese Kampagnenauswertungen bilden die<br />
Grundlage der in Kapitel 9 beschriebenen deformationsanalytischen Betrachtung des Gebiets der Antarktischen Halbinsel.<br />
8.7.1 Absolute und relative neutrosphärische Fehler<br />
Im Kontext der hier behandelten differenziellen GPS-Auswertung werden in der Fachliteratur (z.B. BEUTLER ET AL.<br />
(1988)) häufig die Begriffe absoluter und relativer (zenitaler) Neutrosphärenfehler gebraucht, um den Einfluss der<br />
Neutrosphäre auf die ermittelten Stationskoordinaten zu beschreiben.<br />
Absolute Neutrosphärenfehler subsummieren Laufzeitfehler, die an Stationen einer Basislinie bzw. eines Netzes<br />
identisch sind. Die Modellierung des Einflusses der Neutrosphäre ist in einem solchen Fall generell fehlerhaft. Dieser<br />
Fehler kann als arithmetisches Mittel der neutrosphärischen Fehler bspw. in Zenitrichtung interpretiert werden. Der<br />
Einfluss auf die differenzielle Koordinatenbestimmung ist sehr klein und kann bei kleinräumigen Netzen vollständig<br />
vernachlässigt werden. I.Allg. ergibt sich aus einem absoluten zenitalen Fehler von 10 cm ein Skalierungsfehler von ca.<br />
0.05 ppm. Dieser absolute Fehler verlängert im Falle der Neutrosphäre die Basislinien. Absolute ionosphärische Fehler<br />
ziehen, im Gegensatz dazu, verkürzte Basislinien nach sich.