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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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»Aber nein«, wehrte Rosalinde ab, und sie sah besorgt auf Hübeldü-<br />

bel hinunter, der keine Reaktion auf den Tee zeigte. »Es ist ein hochpro-<br />

zentiger Kräuterschnaps aus den Stacheln und Wurzeln meiner Pflanzen.<br />

Wir müssen es ausprobieren.«<br />

Während Plumplum noch unschlüssig auf und ab stapfte, hatte Rosa-<br />

linde schon ein kleines Fläschchen mit einer glasklaren Flüssigkeit her-<br />

vorgezaubert. Vorsichtig zog sie den Korken aus dem Flaschenhals und<br />

ging an das Bett. Plumplum stellte sich ihr in den Weg.<br />

»Halt!« rief er aufgeregt, »zuerst muss ich das Zeugs prüfen. Es<br />

steht zuviel auf dem Spiel.« Noch bevor Rosalinde protestieren konnte,<br />

nahm er ihr das Fläschchen aus der Hand und setzte es an den Hals.<br />

»Um Himmels Willen«, schrie die junge Stachelländerin und fiel dem<br />

Heißsporn in den Arm. »Man darf nur daran riechen! Zum Trinken muss<br />

es verdünnt werden!«<br />

Es war schon zu spät. Plumplum hatte einen ordentlichen Schluck<br />

getan. Die halbe Flasche war leer. »Aaah!« brüllte er vergnügt, »nicht<br />

übel. Ein rechter Rachenputzer.« Dann wurde ihm schwindelig. Die<br />

Augen traten ihm aus den Kopf, seine Haare sträubten sich wie bei<br />

einem fauchenden Kater, heiße Tränen kullerten über seine Wangen, und<br />

er japste und hechelte mit pfeifenden Geräuschen nach Luft. In seinen<br />

Ohren sauste es wie bei einem hereinbrechenden Tornado. Das Kerzen-<br />

licht flimmerte vor seinen Augen, der Raum drehte sich, und schwankte.<br />

Sein keuchender Atem verpestete in krampfartigen Stößen die Luft mit<br />

einem beißenden und ätzenden Dampf, der aus seiner Lunge schlug. In<br />

Sekundenschnelle verwandelte sich sein Tage alter Stoppelbart in<br />

schneeweiße Borsten, die mit einem trockenen Knistern ausfielen und<br />

wie Schnee den Boden bedeckten. Schweißtropfen rannen ihm über den<br />

Hals und in die Schuhe. Panische Angstzustände ließen ihn bibbern und<br />

frösteln. Sein Gehirn wurde von Halluzinationen gemartert, in denen<br />

feurige Stacheltiere auf ihn herabfuhren mit flammenden Zungen und<br />

meckerndem Gelächter. Plumplum riss seinen Kragen auf. »Luft!«<br />

krächzte er erstickend. Rosalinde hatte schon die Tür und das Fenster<br />

geöffnet, doch der modrige Gestank, der hereinwaberte, verschlimmerte<br />

die Atemnot des Recken nur noch. Unangekündigt versagten seine Beine<br />

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