30.10.2013 Aufrufe

PDF-Format - Hans Joachim Teschner

PDF-Format - Hans Joachim Teschner

PDF-Format - Hans Joachim Teschner

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Der Soldat fand das weniger witzig. Misstrauisch beäugte er die<br />

selbstbewusste Frau. Das war doch das Marktweib mit den eklig süßen<br />

Broten. »Du hast wohl Sehnsucht nach einem salzigen Kuss?« meckerte<br />

er anzüglich.<br />

»Und du hast wohl Sehnsucht nach vier Wochen Arrest bei Honig und<br />

Wackelpudding. Beeil dich, Zuckerbübchen!«<br />

Der Soldat wurde bleich vor Wut. Zuckerbübchen war eines der<br />

schlimmsten Schimpfwörter. War die magere Frau lebensmüde, oder<br />

steckte doch mehr dahinter?<br />

»Um was geht es denn?« fragte er lauernd.<br />

»Um die Ration«, flüsterte Rosalinde ihm vertraulich zu. Sie zog ihren<br />

Salzklumpen aus der Rocktasche und hielt ihn vor die Luke. Vor Gier fie-<br />

len dem Wächter schier die Augen aus dem Kopf. Er zog sich zurück und<br />

tuschelte mit einem zweiten Soldaten, der zur Torwache gehörte. In Sta-<br />

chelland mussten die Soldaten immer zu zweit auf Wache gehen, denn<br />

sie hatten sich auch noch gegenseitig zu bespitzeln und mussten dem<br />

Geheimrat Ziegenlippe fortlaufend Dossiers über ihre Kameraden ablie-<br />

fern.<br />

Nach kurzer Beratung schoben sie die eisernen Riegel zurück, dreh-<br />

ten einen Schlüssel im Schloss und stießen die Torflügel auf. Wie hungri-<br />

ge Wölfe stürzten sie sich auf Rosalinde und warfen sie zu Boden.<br />

Plumplum und Hübeldübel waren für den ersten Augenblick wie gelähmt<br />

von der unersättlichen Gier, mit der die heruntergekommenen Strolche<br />

die Taschen der verängstigten Frau durchwühlten. Schon begannen sie<br />

die Kleider Rosalindes zu zerreißen, als eisenharte Fäuste wie Schraub-<br />

zwingen ihre Nacken umklammerten und sie hochrissen. Der Griff war<br />

von solch unbarmherziger Härte, dass sie augenblicklich das Bewusst-<br />

sein verloren. Hübeldübel und Plumplum warfen die Desperados achtlos<br />

in eine Ecke. Dann stürmten sie durch das offene Tor. Schluchzend und<br />

ihre Kleider ordnend folgte ihnen Rosalinde. Ohne zu zaudern nahmen<br />

die Wabbelanier den Weg durch die Maulwurfsröhre. Mehrmals stieß der<br />

hünenhafte Hübeldübel sich den Kopf in dem gruftigen Schlauch, doch er<br />

spürte keinen Schmerz. Keuchend gelangten sie in den verwahrlosten<br />

Spiegelsaal. Überall auf dem Boden lagen betrunkene Soldaten herum<br />

124

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!