PDF-Format - Hans Joachim Teschner
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Der Soldat fand das weniger witzig. Misstrauisch beäugte er die<br />
selbstbewusste Frau. Das war doch das Marktweib mit den eklig süßen<br />
Broten. »Du hast wohl Sehnsucht nach einem salzigen Kuss?« meckerte<br />
er anzüglich.<br />
»Und du hast wohl Sehnsucht nach vier Wochen Arrest bei Honig und<br />
Wackelpudding. Beeil dich, Zuckerbübchen!«<br />
Der Soldat wurde bleich vor Wut. Zuckerbübchen war eines der<br />
schlimmsten Schimpfwörter. War die magere Frau lebensmüde, oder<br />
steckte doch mehr dahinter?<br />
»Um was geht es denn?« fragte er lauernd.<br />
»Um die Ration«, flüsterte Rosalinde ihm vertraulich zu. Sie zog ihren<br />
Salzklumpen aus der Rocktasche und hielt ihn vor die Luke. Vor Gier fie-<br />
len dem Wächter schier die Augen aus dem Kopf. Er zog sich zurück und<br />
tuschelte mit einem zweiten Soldaten, der zur Torwache gehörte. In Sta-<br />
chelland mussten die Soldaten immer zu zweit auf Wache gehen, denn<br />
sie hatten sich auch noch gegenseitig zu bespitzeln und mussten dem<br />
Geheimrat Ziegenlippe fortlaufend Dossiers über ihre Kameraden ablie-<br />
fern.<br />
Nach kurzer Beratung schoben sie die eisernen Riegel zurück, dreh-<br />
ten einen Schlüssel im Schloss und stießen die Torflügel auf. Wie hungri-<br />
ge Wölfe stürzten sie sich auf Rosalinde und warfen sie zu Boden.<br />
Plumplum und Hübeldübel waren für den ersten Augenblick wie gelähmt<br />
von der unersättlichen Gier, mit der die heruntergekommenen Strolche<br />
die Taschen der verängstigten Frau durchwühlten. Schon begannen sie<br />
die Kleider Rosalindes zu zerreißen, als eisenharte Fäuste wie Schraub-<br />
zwingen ihre Nacken umklammerten und sie hochrissen. Der Griff war<br />
von solch unbarmherziger Härte, dass sie augenblicklich das Bewusst-<br />
sein verloren. Hübeldübel und Plumplum warfen die Desperados achtlos<br />
in eine Ecke. Dann stürmten sie durch das offene Tor. Schluchzend und<br />
ihre Kleider ordnend folgte ihnen Rosalinde. Ohne zu zaudern nahmen<br />
die Wabbelanier den Weg durch die Maulwurfsröhre. Mehrmals stieß der<br />
hünenhafte Hübeldübel sich den Kopf in dem gruftigen Schlauch, doch er<br />
spürte keinen Schmerz. Keuchend gelangten sie in den verwahrlosten<br />
Spiegelsaal. Überall auf dem Boden lagen betrunkene Soldaten herum<br />
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