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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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Füßen die wackelige Konstruktion ein und ließ alles so liegen, wie es<br />

zusammengebrochen war. Am nächsten Tag suchte man sich gierig die am<br />

besten erhaltenen Stücke heraus und knotete sie mit einer Wäscheleine zu<br />

einem Tresen zusammen, der ebenfalls nur den Vormittag überlebte. Einen<br />

soliden Verkaufsstand herzurichten und für Dauer aufzustellen, machte bei<br />

der stachelländischen Wesensart keinen Sinn: schon nach wenigen Minuten<br />

würden sich die neidischen Nachbarn wie Aasgeier über den Stand herma-<br />

chen, um die fette Beute in ihre unersättlichen Krallen zu bekommen.<br />

Zippel sah nun manches klarer.<br />

'Kein Wunder', dachte er, 'dass alles verkommen und vernachlässigt ist.<br />

Redliche Arbeit ist hier wohl ein Schimpfwort. Da bleibt nur das Rauben<br />

und Stehlen. Und wer einmal ein gutes Stück ergattert hat, einen Pelz viel-<br />

leicht oder ein paar glänzende Stiefel oder auch eine solide Haustür, der<br />

muss von da an ständig um sein Eigentum fürchten. Da lässt man lieber<br />

gleich alles verkommen. Ist halt bequemer so. Deshalb auch die vergam-<br />

melte Ware, die löchrigen Socken, die Schimmelpilzkulturen. Mit einem gut<br />

ausgerüsteten Sortiment erstklassiger Produkte würde man sich in Lebens-<br />

gefahr begeben.'<br />

Mühselig schob sich Zippel durch die Menge auf der Suche nach einem<br />

freien Platz, wo er sich aufstellen konnte. Zwar erblickte er hie und da eine<br />

Lücke, doch die keifende Nachbarschaft ließ seinen Schritt beschleunigen.<br />

Schon lagen sich die ersten Käufer in den Haaren und prügelten sich um<br />

ein vermeintliches Schnäppchen.<br />

Zum anderen Ende des Platzes nahm die Dichte und das gewinnsüchti-<br />

ge Feilschen merklich ab. Allerdings kamen hier auch nicht so viele Leute<br />

her. Vielleicht, weil sie in ihrer unmäßigen Gier gleich am Anfang alles mit-<br />

nehmen wollten, was einen Vorteil versprach. Wie von ungefähr betrat Zip-<br />

pel eine Lücke zwischen zwei Ständen. Das eigenartige Gefühl beschlich<br />

ihn, als habe irgendeine geheime Macht ihn hierher gelockt. Jedenfalls<br />

fühlte er sich mit einem Mal etwas wohler, und er stellte seinen Bauchladen<br />

auf zwei leere Obstkisten, die noch frei herumlagen. Nun schaute er sich<br />

um, seine Nachbarn in Augenschein zu nehmen. Links von ihm hockte ein<br />

unglaublich hässliches Männlein auf einem Schweinekoben und pries Där-<br />

me, Schweineaugen, Innereien und ungeschabte Schwarten an. Alles war<br />

mit Kot besudelt. Missgünstig lutschte der gnomenhafte Händler an einer<br />

abgekauten Stummelpfeife. Abwechselnd steckte er seinen Finger zum<br />

Stopfen in den Pfeifenkopf und dann in seine eklige Ware, um zu prüfen,<br />

ob etwa Ratten oder Würmer ihn um seinen Gewinn prellen wollten. Ange-<br />

widert wandte sich Zippel ab.

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