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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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und breitete einige Nägel und Kratzbürsten aus. Mit ungläubigem Stau-<br />

nen starrten die Wüstlinge auf die Schätze. Da lagen Krampen, Hufnä-<br />

gel, Stifte, Schraubnägel, Haken und Bolzen, Zapfen, Nieten und Polster-<br />

nägel in verschiedenen Größen und aus Metallen der unterschiedlichsten<br />

Härtegrade. Sogar ein Säckchen Reißnägel erblickten die Betrunkenen,<br />

ideal zum Kauen, Lutschen und Ausspucken. Zippel nahm die beste<br />

Kratzbürste aus der Kiste. Sie hatte einen langen Stil aus Eichenholz.<br />

Die Borsten bestanden aus den feinsten und spitzesten Nähnadeln, eine<br />

Spezialanfertigung von Zippel selbst.<br />

»Seht her!« rief er. »Diese Bürste ist zum Kratzen des Rückens<br />

gedacht und reißt die Haut schön in Fetzen. Aber auch so kann man sie<br />

einsetzen!« Und mit wildem Schwung schleuderte er die Nadelbürste in<br />

die gesunde Wade des Hauptmanns Bleifuß. Dieser bäumte sich von<br />

dem jähen Schmerz auf, gurgelte ein unverständliches Wort und bekam<br />

vor Hass ein krebsrotes Gesicht. Mit einer mörderisch aufwallenden Wut<br />

wollte er sich auf Zippel stürzen. Doch die Nadeln der Bürste staken<br />

noch in seinem Bein und hatten es so stark verletzt, dass Bleifuß kopf-<br />

über auf den Boden fiel. Genau das aber hatte Zippel bezweckt: den<br />

unüberwindlichen Bleifuß kampfunfähig zu machen.<br />

Man sollte meinen, Zippels letzte Stunde hätte geschlagen. Dieser,<br />

wieder einmal vom Teufelchen Übermut geritten, schien endgültig zu<br />

weit gegangen zu sein. Das hieße aber, den verschlagenen und uner-<br />

gründlichen Charakter des Generals Krieger vollkommen zu verkennen.<br />

Denn der Diktator kannte nur ein Vergnügen: den Spass am Leid ande-<br />

rer. Und dabei war es vollkommen gleichgültig, wer dieser andere war.<br />

Der Schmerz und die Wut des schreienden Bleifuß bereitete Krieger eine<br />

solch hämische Freude, dass er Zippel beifällig auf die Schulter klopfte.<br />

Nur auf der Stirn des Geheimrates bildete sich eine steile Falte. Zie-<br />

genlippe zog Krieger beiseite und flüsterte ihm ins Ohr: »Wozu sollen wir<br />

dem Korinther den Wabbelstein zeigen? Er ist ja in unserer Gewalt. Wir<br />

knöpfen ihm einfach den Bauchladen ab und werfen ihn in einen der<br />

Stacheltürme.«<br />

Als hätte Zippel die Worte gehört, sprang er auf seine Kiste, damit<br />

alle ihn hören konnten und rief: »Das ist aber noch nicht alles! Draußen<br />

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