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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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und den marodierenden Soldaten des Krtzkrr Krieger war das Versteck<br />

nicht sicher.<br />

Abermals schreckte Rosalinde aus dem Halbschlaf. Sie hatte nicht<br />

geträumt: drängende Schläge pochten an die mit Brettern verriegelte Tür.<br />

Wie ein dumpfer, drohender Befehl verlangten sie Einlass. Beim zweiten<br />

Mal wurde das Klopfen lauter, dringlicher.<br />

»Mach auf, Rosalinde!« Dumpf und tief klang die Stimme aus der Nacht.<br />

Rosalinde zitterte. Diese Stimme war ihr unbekannt. Sie klang gepresst,<br />

so, als ob der Besitzer die Nachbarn nicht wecken wollte.<br />

»Hab keine Angst, Rosalinde. Ich bin's, Rippel vom Markt.« Nein, das<br />

war nicht Rippel! Allzu deutlich hatte Rosalinde die lächerliche dünne Fis-<br />

telstimme des Nagelverkäufers im Ohr. Aber woher wusste der Geselle da<br />

draußen von Rippel und von ihrer Bekanntschaft? Rosalinde erschrak: dann<br />

musste er auch von dem Nadelschatz wissen! »Verschwinde«, rief sie unter<br />

der hochgezogenen Bettdecke, »bei mir gibt es nichts zu holen. Ob du dich<br />

als Rippel verstellst oder nicht: ich habe nichts.« Ein unterdrückter Fluch<br />

antwortete ihr. »So ist das also!« Die tiefe Stimme klang maßlos ent-<br />

täuscht. »Meine Nadelsammlung ist schon verscherbelt. Das hätte ich mir<br />

ja denken können. Ihr Stachelländer seid doch alle gleich.« Der Räuber<br />

wusste also von den Nadeln.<br />

»So leicht gebe ich mein Eigentum nicht auf«, rief die dumpfe Stimme<br />

vor der Tür, aber sie war mit einem verwundeten und mutlosen Klang<br />

belegt, der Rosalinde ins Herz stach. »Dann lege ich mich eben vor die<br />

Tür.«<br />

Rosalinde war völlig verwirrt und ratlos. Wer war der Mann vor der Tür?<br />

Rippel war es nicht, ihn hätte sie sofort an der Stimme erkannt. Für einen<br />

Stachelländer benahm er sich dagegen äußerst ungewöhnlich. Ein stachel-<br />

ländischer Plünderer hätte schon nach den ersten Worten die Tür einge-<br />

schlagen, Rosalinde aus der Hütte gejagt und noch die armseligsten Krü-<br />

mel aufgestöbert und an sich gerafft. Dieser hier legte sich vor die Tür!<br />

Und wenn sie nicht alles täuschte, fing er sogar zu schnarchen an.<br />

Auf Zehenspitzen schlich sich Rosalinde durch das Zimmer. Die Bretter,<br />

mit denen sie den Türeingang verriegelt hatte, ließen einen Spalt frei,<br />

durch den sie in die Nacht spähen konnte. Ein von Wolken verhangener<br />

Mond warf sein trübes Licht auf die Gasse. Von dem Eindringling, der so<br />

schnell aufgegeben hatte, waren nur seine Beine zu sehen, die über Kreuz<br />

auf dem Kopfsteinpflaster lagen. Der milchige Lichtschein spiegelte sich am<br />

Fuß des Schlafenden und fiel in Rosalindes angestrengt aufgerissenen<br />

Augen. Ein Sporen! War Rippel überfallen und seiner Kleider beraubt wor-

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