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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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Im Goldenen Dotter<br />

Zwei Stunden später saß Zippel immer noch im Goldenen Dotter. Zu<br />

Hause wartete niemand auf ihn. Welche Frau wollte schon solch einen spil-<br />

lerigen Mann haben? Er konnte ja nicht einmal richtig wabbeln. So ver-<br />

brachte Zippel viele Abende bei seinem Freund Bimballo. Die Leute frotzel-<br />

ten schon, er habe ein Auge auf Melanie geworfen, der Tochter Bimballos.<br />

In ganz Wabbelanien fand man kein schöneres Mädchen als Melanie. Mit<br />

ihrem anmutigen Wabbeln verdrehte sie die Köpfe aller Männer. Und tat-<br />

sächlich schielte Zippel sehnsüchtig hinter ihr her. Aber er dachte bei sich:<br />

»Es ist hoffnungslos. Ich und Melanie? Da wabbeln ja die Hühner.«<br />

»Noch ein Glas Honigbier,« rief er Melanie traurig zu, »und außerdem<br />

einen Spezialwackelpudding.« Melanies Spezialwackelpudding war bis weit<br />

über die Landesgrenzen berühmt. Es handelte sich um einen Vierfar-<br />

ben-Wackelpudding mit einem Sahnehäubchen darauf, so zart, dass er wie<br />

von selbst auf der Zunge zerging. Wenn Reisende durch Wabbelburg<br />

kamen, blieben sie oft eine Nacht länger, um abends bei Bimballo in den<br />

Goldenen Dotter einzukehren. Denn den Genuss des Spezialwackelpud-<br />

dings wollte sich niemand entgehen lassen. Aber natürlich war auch Mela-<br />

nies Schönheit nicht ganz unschuldig am guten Geschäft des Gasthauses.<br />

Wie Zippel warfen viele Gäste der Wirtstochter sehnsüchtige Blicke nach.<br />

Wer nun glaubt, dass es im ganzen Lande Eifersüchteleien und Ehestrei-<br />

tereien wegen Melanie hätte geben müssen, irrt sich gewaltig. Denn um<br />

Melanie warben zwei Gesellen, mit denen sich niemand ernstlich anlegen<br />

wollte. Die beiden Helden kamen sich fast täglich in die Haare wegen der<br />

schönen Wirtstochter, obschon sie unzertrennliche Freunde waren. Ganz<br />

Wabbelanien fieberte um den Ausgang dieses zähen Buhlens. Sogar Wet-<br />

ten wurden abgeschlossen, wer von den beiden Kumpanen schließlich die<br />

Gunst Melanies erringen würde. Aber zum Leidwesen Bimballos konnte und<br />

konnte sich seine Tochter nicht entscheiden, denn sie hatte beide gleich<br />

gern. Mitunter sang Bimballo in einem klagenden Ton ein seltsames Lied:<br />

»Wieder gehen zwanzig Jahre<br />

in das schöne Wabbelan.<br />

Melanie kriegt graue Haare<br />

aber keinen Ehemann.«<br />

Wer waren nun die beiden Wabbelanier, die sich wegen Melanie schier<br />

die Beine ausrissen? Um das zu erfahren, brauchte man im Goldenen Dot-<br />

ter nicht lange zu warten.

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