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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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sicher, dass es die Stimmen von Reibstein und Geierblick waren. Jemand<br />

muss sie den Zyklopen ausgeliefert haben.«<br />

Krieger erbleichte. Seine Zähne gruben sich in die Lippen, bis sie blute-<br />

ten. Das Gegröle der Soldaten verstummte so plötzlich wie es aufgekom-<br />

men war: so kündigte sich einer der gefürchteten Wutausbrüche Kriegers<br />

an.<br />

»Weiter! Weiter!« geiferte der Diktator und packte den Geheimrat am<br />

Kragen.<br />

»Das ist in der Tat noch nicht alles«, beeilte sich Ziegenlippe zu berich-<br />

ten, »die Zöllnerin soll im Land sein. Man hat ihre Fußspuren und den<br />

Abdruck ihres Krückstockes gefunden.«<br />

»Gift und Galle!« Krieger tobte. Schaum bildete sich vor seinen Lippen.<br />

Er sprang auf und warf seinen Becher dem erstbesten Soldaten an den<br />

Kopf. Mit einem erstickten Aufschrei riss er sich die Uniformjacke auf, dass<br />

die Knöpfe absprangen und die Taschen in Fetzen flogen.<br />

»Verrat!« brüllte er und geiferte und sabberte schleimigen Speichel auf<br />

seine Hose. Dann stürzte er sich auf Ranzig und packte dessen Haare. Wie<br />

von Sinnen zerrte er ihn durch den Saal und trat ihn mit den Füßen.<br />

Schließlich warf er ihn vor die klumpige Beinprothese seines Leibwächters.<br />

Hauptmann Bleifuß schnappte den Gebeutelten an der Kehle.<br />

»Wirf ihn in einen der oberen Stacheltürme und gib ihm Honigbier zu<br />

trinken!« kreischte Krieger, »bis er ein vollständiges Geständnis ablegt.<br />

Fort mit ihm!«<br />

Bleifuß schleifte den wimmernden Ranzig durch den Saal. Mit Fußtritten<br />

und Schimpfwörtern verabschiedeten sich die Soldaten von ihrem Kolle-<br />

gen, denn eine echte Kameradschaft war unter den heruntergekommenen<br />

Söldnern und Desperados unbekannt. Im Gegenteil, der Vorfall schien ihre<br />

Festtagsstimmung noch zu heben.<br />

»Trotz alledem«, rief Krieger, der wie aus einer Trance zu erwachen<br />

schien, »der Wabbelstein ist unser, und niemand wird ihn wieder aus dem<br />

Labyrinth der Stacheltürme zurückholen können.«<br />

Der General schöpfte einen neuen Becher voll Fuselschnaps. »Es ist Zeit<br />

zum Essenfassen. Holt die Eimer herein. Zur Feier des Tages werden gepö-<br />

kelte Stichlinge serviert. Dazu gibt es Feuerquallen, Fliegenpilze in saurer<br />

Milch, abgehangene Seeigel und zerstoßene Katzenkrallen.«<br />

»Stech dich krtzkrr!« heulten die Soldaten auf und stürzten sich auf die<br />

Eimer mit den entsetzlichen Speisen. Es versprach, eines der wüstesten<br />

Feste zu werden, die die Stachelburg erlebt hatte.<br />

Und so geschah es. Schon bald zeigte der Fuselschnaps seine verhee-

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