PDF-Format - Hans Joachim Teschner
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erkaltet war. Unter einem magischen Zwang waren seine blinden toten<br />
Augen auf das verzehrende Feuer des Wabbelsteins gerichtet. Seine<br />
Umwelt schien er völlig vergessen, verloren zu haben. Unablässig tropfte<br />
Salz- und Eiswasser auf seine Haare und seine Schultern, doch mit kei-<br />
nem Zucken ließ er erkennen, dass er sie überhaupt nur wahrgenommen<br />
hatte. Eine dicke Kruste aus Salzkristallen bildete sich langsam auf sei-<br />
ner Haut und schälte ihn ein. Seine Knie waren über und über mit Salz-<br />
ablagerungen bedeckt, an denen das Wasser herabtroff. Allmählich ver-<br />
wuchsen und verschmolzen seine verkrusteten Beine mit dem glitzern-<br />
den Höhlenboden. Noch verrieten einige durchschimmernde Fetzen sei-<br />
ner Kleidung die Herkunft und den Stand des Alten. Es war die Uni-<br />
formjacke des Generals Krtzkrr Krieger, die von dem rieselnden Salz<br />
Schicht um Schicht zugedeckt wurde.<br />
Ein fremdes Geräusch mischte sich plötzlich in das Stöhnen der ent-<br />
fesselten Natur. Begleitet von dem unrhythmischen Stoßen eines<br />
Stockes näherte sich ein humpelnder Schritt. Ein unmerklicher Ruck ging<br />
durch den steifen Körper des Alten. Kurz vor dem Wabbelstein verhielt<br />
der Schritt, und eine mitleidlose knochige Hand tastete den um Jahr-<br />
zehnte gealterten General ab.<br />
»Hörst du mich, Krtzkrr Krieger?« rief die Zöllnerin, denn sie war es,<br />
die furchtlos in den Bannkreis des Wabbelsteins getreten war. Ein Zittern<br />
verriet der alten Frau, dass Krieger in seinem Panzer aus Salz noch nicht<br />
erstickt war.<br />
»So also wird sich das Schicksal erfüllen«, rief sie ihm ins Ohr, und<br />
sie lachte freudlos auf. »Endlich bist du am Ziel deiner teuflischen Gier.<br />
Wie schmeckt der Lohn deines Hasses und deiner<br />
Menschenverachtung?«<br />
Mit kalten Fingern fuhr die Zöllnerin über die salzverkrusteten Lippen<br />
des Generals. »Ich weiß schon , was du denkst«, murmelte sie tonlos,<br />
»Wimmerst du? Winselst du? Oder befiehlst du herrisch: Bring mich hier<br />
heraus! Schließlich bist du meine Frau!«<br />
Ein grausiges Stöhnen gurgelte aus der Brust des Generals. Einzelne<br />
Salzbrocken fielen von der Uniformjacke.<br />
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»Ach ja«, fuhr die Zöllnerin unerbittlich fort, »wie solltest du mich