PDF-Format - Hans Joachim Teschner
PDF-Format - Hans Joachim Teschner
PDF-Format - Hans Joachim Teschner
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
sie eine Anhöhe, von der aus sie ein seltsam friedliches Tal überblicken<br />
konnten.<br />
»Krtzkrr«, knarzte Reibstein, »das Tal der Zyklopen. Wenn wir Pech<br />
haben, wachen sie auf. Von jetzt ab darf kein Laut die Stille stören. Wir<br />
müssen uns barfuß durch das Tal schleichen.«<br />
Zippel begriff nicht ganz. Gehorsam schnürte er seine Stiefel auf und<br />
band sie sich um den Hals. Drunten im Tal konnte er lediglich drei unförmi-<br />
ge Felsbrocken ausmachen.<br />
»Kommt mir reichlich übertrieben vor«, näselte er geringschätzig.<br />
»Die friedliche Stille täuscht«, flüsterte Geierblick, »schau nur: Die drei<br />
Zyklopen befinden sich im tiefsten Schlaf. Dabei verwandeln sie sich in<br />
harmlose Felsbrocken. Jeder Zyklop ist mit nur einem Facettenauge ausge-<br />
stattet, mit dem er wie ein Rieseninsekt das ganze Tal überblicken kann.<br />
Mit jeweils drei schlauchartigen Armen können sie in die entferntesten<br />
Winkel des Tals langen.«<br />
»Warum locken wir sie nicht ins Gebirge?« fragte Zippel.<br />
»Du fragst, Brutus, als wärst du zum ersten Mal in Stachelland«,<br />
bemerkte Reibstein finster, »es ist doch im ganzen Land bekannt, dass die<br />
Zyklopen in der Erde angewachsen sind. Da es ihnen im Tal so langweilig<br />
ist, greifen sie sich jedes Lebewesen in ihrer Nähe. Dann spielen sie mit<br />
den Unglücklichen, werfen sie wie Bälle in die Luft und lutschen ununter-<br />
brochen an ihnen herum, denn sie sind ganz närrisch auf stachelländischen<br />
Salz- und Fischgeruch. Wer sich nicht befreien kann, verhungert. Und bis-<br />
her ist noch niemand ihren Greifarmen entkommen.«<br />
Bei den letzten Worten durchzuckte Zippel ein abwegiger Gedanke. So<br />
eine Art Plan formte sich in seinem Gehirn. Prüfend suchte er in den<br />
Taschen seiner Jacke und seiner unbequemen Lederhose.<br />
Dem übervorsichtigen Geierblick blieb diese Bewegung nicht verborgen.<br />
Ein offenkundiges Misstrauen stand in seinem Gesicht. Verschwörerisch<br />
zog er Reibstein beiseite und flüsterte ihm ins Ohr: »Irgendetwas stimmt<br />
nicht mit diesem Brutus Ranzig. Und in der Kiste habe ich es scheppern<br />
hören, was so gar nicht wie ein Wabbelstein klang. Wenn wir das Tal hinter<br />
uns haben, knöpfen wir uns diesen Meisterdieb vor und durchsuchen die<br />
Kiste.«<br />
Nunmehr belauerte jeder jeden. Die Soldaten ließen Zippel vorangehen,<br />
da sie ihn jederzeit im Auge behalten wollten. Wohl spürte Zippel die ver-<br />
änderte Stimmung, aber er ließ sich nichts anmerken. So erreichten sie<br />
mit gepresstem Atem den Gebirgsfuß. Das Tal der Zyklopen lag vor ihnen.<br />
Mit gebücktem Rücken schlichen sich die drei auf den ersten Felsbrocken