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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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Feindberührung<br />

»Halt! Wer da?«<br />

Drohend platzte der Ruf in die Grabesruhe. Zippel hielt inne und drückte<br />

sich eng hinter einen Felsvorsprung. Sein Gesicht war zerkratzt. Jacke und<br />

Hose waren von der ranzigen Flüssigkeit verschmiert, und sein Dreispitz<br />

ließ die Ecken hängen. Der Gestank des Schwartenpasses hatte die Kleider<br />

des Schneiders getränkt und umhüllte ihn wie eine unsichtbare zweite<br />

Haut. Mehrmals war Zippel in den rauen Borsten hängengeblieben. Nach<br />

etwa zweihundert Metern hatten die schwartigen Wände plötzlich angefan-<br />

gen zu pulsieren. Sie atmeten, wölbten sich zu vollgefressenen Bäuchen<br />

auf und quetschten den Spion in ihre Mitte, bis der letzte Atem aus seinem<br />

Brustkorb gepresst war. Einen Augenblick verharrten die Schwarten in die-<br />

sem Zustand, und lauwarmes Fett tropfte auf die Schultern des Einge-<br />

klemmten. Einen Moment glaubte Zippel einen dumpfen Herzschlag zu<br />

spüren, der auf seinen Klapperbauch paukte. Hatten die ekligen Wände<br />

vor, ihn aufzusaugen, ihn zu fressen oder zu erdrücken? Doch sie ließen ab<br />

von ihm, zogen sich zusammen und falteten sich. Ein unerträglicher<br />

Gestank wurde durch den so entstehenden Hohlraum aus dem oberen<br />

Spalt hereingesaugt. So, als hätten die schmierigen Borstenwände eine<br />

überdrüssige Abscheu vor dem Wabbelanier, krampften sie sich noch ein-<br />

mal zusammen und spuckten ihn mit einer schwabbernden Kontraktion aus<br />

dem Pass.<br />

Minutenlang hatte Zippel auf dem Boden gelegen, bevor er wieder zur<br />

Besinnung kam. Er sammelte seinen Bauchladen auf und schaute sich um.<br />

Dies also war Stachelland. Scharfkantige Klippen säumten den Weg.<br />

Unvermindert stand der modrig-säuerliche Geruch in der Luft. Kein Laut<br />

irgendeines Lebewesens oder einer Vegetation war zu vernehmen.<br />

'Aha, es stimmt also', dachte Zippel und hob einen rostigen Nagel vom<br />

Boden auf. Überall, wo Stachelländer auftauchten, hinterließen sie diese<br />

rätselhaften Nägel und Glasscherben. Demnach waren hier also Stachellän-<br />

der vorbeigekommen.<br />

Zippel schulterte seinen Bauchladen und klomm den kaum markierten<br />

Pfad hoch. Auf dem höchsten Grat angekommen, überschaute er mit<br />

einem langen Blick das Klippengebirge. Durch schroffe Felsschründe führte<br />

der Weg ins Tal. Von den Überhängen troff milchig-trübes Salzwasser und<br />

bildete glitzernde Zapfen aus Salz und kristallinem Gestein.<br />

»Halt! Stehenbleiben!«

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