PDF-Format - Hans Joachim Teschner
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ein furchtbarer Verdacht kam. Er trat an einen der quietschenden Wagen<br />
heran und blickte genauer hin. In einem matschigen Kohlkopf stak ein<br />
Preisschild, und auf einem verschimmelten Haufen Pflaumen lag ein Stück<br />
Pappe. Sonderangebot! 1A Qualität! Las Zippel. Kein Zweifel, dies waren<br />
Marktfrauen auf dem Weg zu ihren Verkaufsständen.<br />
»Puh«, schnaufte Zippel, »von solch einer Frau möchte ich nicht durch-<br />
gefüttert werden!« Als Junggeselle schaute er sich das weibliche<br />
Geschlecht immer etwas genauer an, in einer vagen Hoffnung, aber diese<br />
hier? Verfilzte Haarsträhnen fielen ungekämmt in ihre stumpfsinnigen<br />
Gesichter. Ein fauliger Geruch brach aus ihren schwarzen Mundhöhlen, die<br />
Nasen schnodderten von ewigen Erkältungen, und unter den langen zer-<br />
splitterten Fingernägeln mooste Dreck von Wochen. Ungepflegte, zerschlis-<br />
sene Kleider hingen in Fetzen von den dürren, schrundigen Körpern.<br />
Das wichtigste Bekleidungsutensiel in Stachelburg schien die Wäschelei-<br />
ne zu sein. Damit banden sich die Einwohner ihre Kleider zusammen. Die<br />
Wäscheleine diente sowohl als Hosenträger wie auch als Schnürsenkel.<br />
Löcher wurden damit gestopft, sofern sich überhaupt jemand die Mühe<br />
machte, ein Loch oder ein klaffendes Eck auszubessern. Als Kinnriemen für<br />
die Helme musste die Wäscheleine ebenso herhalten wie als Klingelleine,<br />
Peitsche zum Vertreiben der Ratten oder einfach nur als Krawatte oder<br />
Hutschnur, sollte mal einer an einem Anfall von Eitelkeit oder Schönheits-<br />
sinn erkranken. Herrschte Mangel an den beliebten Salzklumpen, wurde<br />
ersatzweise auf den Enden einer Leine gekaut. Ja, Zippel glaubte gesehen<br />
zu haben, wie eine der Frauen ein Wäscheleinenstück genüsslich hinunter-<br />
schluckte und danach zufrieden rülpste.<br />
Zippel selbst fiel kaum auf. Was war auch schon Besonderes an so einer<br />
spillerigen Klappergestalt? Von den vielen Abenteuern waren Zippels Klei-<br />
der zerrissen, und sein zerbeulter Dreispitz ließ die zerfransten Ecken hän-<br />
gen. Und das Scheppern und Klirren seiner Sporen und seines Eisengürtels<br />
klang wie Musik in den Ohren der Stachelländer.<br />
Zusehends füllten sich die Gassen mit Marktfrauen und herumlungern-<br />
den verdächtigen Individuen. Alle hatten offensichtlich das gleiche Ziel. Als<br />
das Gedränge so zunahm, dass einer den anderen schob und stieß, öffnete<br />
sich die Straße und mündete in einen großen Platz. Schmutziger noch als<br />
die Gassen, übersät mit Abfällen und Resten und durchsetzt von üblen<br />
Gerüchen aller Art war der Platz erfüllt vom Kreischen und Feilschen der<br />
Händler und Käufer. Mit Brettern, Kisten, Wellblechstücken und sonstigem<br />
Sammelsurium waren Verkaufsstände aufgerichtet worden, mehr proviso-<br />
risch, vorgesehen nur einmalig für ein paar Stunden. Danach trat man mit