PDF-Format - Hans Joachim Teschner
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Umbo von Bumbo<br />
Der Verlauf des weiteren Marsches war abermals durch mühseliges<br />
Klettern und Kraxeln gekennzeichnet. Die dünne Höhenluft machte den<br />
Vieren schwer zu schaffen. Keuchend erreichten sie schließlich den höchs-<br />
ten Punkt des Gummibaumwaldes. Vor ihren Augen breitete sich ein<br />
dunkles Tal aus, dessen düstere Finsternis jedes Leben in sich verschlang.<br />
»Das Schattental«, erklärte Lanzetto, »wir sind bald da. Inmitten des<br />
Tales liegt die Festung Sextagon. Erkennen kann man sie von den Bergen<br />
aus nicht. Die kalten Schatten bedecken die Festung wie ein ewiger Mantel<br />
der Nacht und schützen sie vor den Blicken der Stachelländer, falls diese<br />
sich so nahe heranwagen sollten.«<br />
Aufatmend setzten die vier ihren Marsch fort. Die Aussicht auf ein reich-<br />
haltiges Nachtmahl und ein kuscheliges Ruhebett schien ihren Füßen Flügel<br />
zu verleihen. In engen Windungen und Serpentinen schlängelte sich der<br />
Pfad in die Tiefe. Doch auch der Abstieg stellte sich als ebenso mühselig<br />
und anstrengend heraus wie der Aufstieg, da die Wanderer jeden Schritt<br />
überaus behutsam setzen mussten, um nicht zu straucheln und rettungslos<br />
in die zerklüfteten Schluchten zu stürzen.<br />
Immer spärlicher und verkrüppelter klammerte sich der Baumbesatz an<br />
die kargen Felsen. Bald erreichten die Baumspitzen nur noch Kopfeshöhe,<br />
so, als bekämen sie keine Luft zum Leben. Steinige Geröllhalden verdräng-<br />
ten den saftigen Blätterwald. Noch streiften letzte Strahlen der unterge-<br />
henden Sonne die Wangen der Wanderer, doch die zerklüfteten und schrof-<br />
fen Schattenbilder der umliegenden Granitbrüche tauchte die vier in eisig-<br />
feuchte Umarmungen.<br />
Nur einmal noch wich das beklemmende Schattenreich der sinkenden<br />
Abendsonne. Gerade hatten die vier Freunde einen besonders gefährlichen<br />
Überhang bewältigt, als sich vor ihnen unvermutet ein Felsdurchgang öff-<br />
nete und ein glattes, ebenes Plateau freigab. Ein diffuser Lichtkegel wärm-<br />
te den Boden der Hochebene, aus dem weiße Dunstschwaden aufstiegen.<br />
An den Berghängen, die die Ebene begrenzten, grünten exotische Pflan-<br />
zen. Zwischen schwankenden Palmen und duftenden Eukalyptusbäumen<br />
klebte an einem sanft aufsteigenden Hang ein elfenbeinfarbener Tempel,<br />
an dessen Säulen Efeu und Weinreben rankten. Von irgendwo plätscherte<br />
das sprudelnde Rieseln eines Gebirgsbaches.<br />
Die müden Wanderer glaubten zu träumen. Selbstverloren verweilten<br />
sie vor dem Panorama und genossen den satten Frieden dieses Paradieses.