PDF-Format - Hans Joachim Teschner
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solcher Wucht gegen die Bretter, dass das Schloss brach und die Tür<br />
aufflog. Sie stürmten hinein. Hinter der Theke stand, mit finsterem<br />
Gesicht und einem Knüppel in der Hand, der schmerbäuchige Bimballo.<br />
Er war bereit, sein Eigentum zu verteidigen.<br />
»S«wabbelt!« schrie Zippel mit seiner neuen voluminösen Stimme<br />
und lief mit ausgebreiteten Armen auf den Gastwirt zu. Bimballo hob<br />
den Knüppel, um ihn auf den verwilderten Wüstling niedersausen zu las-<br />
sen. In diesem Augenblick öffnete sich die Hintertür und Melanie kam<br />
herein, eine Kerze in der Hand. Zippel erstarrte. Seine Gedanken waren<br />
in den letzten Tagen immer nur bei Rosalinde gewesen, und er hatte<br />
schon vergessen, wie Melanie aussah. In der Sorge um ihre Freunde war<br />
sie reifer, ernsthafter und noch schöner geworden. Rosalinde, die sich<br />
verdeckt im Hintergrund hielt, wollte sich schier umbringen vor Scham<br />
über ihre eigene hässliche Magerkeit und ihre schmutzstarrendenKleider.<br />
»Zippel?« fragte Bimballo unsicher, der seinen Augen nicht trauen<br />
wollte. Dann erkannte er im Kerzenschein die anderen Gesellen. Sein<br />
Herz tat einen Sprung. »Tatsächlich und wahrhaftig Zippel!« rief er und<br />
kam hinter dem Tresen hervor. Vor Freude liefen ihm Tränen über die<br />
Wangen. Er machte einen Satz und puffte Zippel derbe in die Seite, um<br />
ihn über die Glasnudelbeine stolpern zu lassen. Doch Zippel lachte nur<br />
und puffte seinerseits den Wirt so heftig an, dass dieser das Gleichge-<br />
wicht verlor und sich auf den Hosenboden setzte.<br />
Da war auch schon Melanie herbeigeeilt und küsste und herzte den<br />
Schneider vor Erleichterung und Wiedersehensfreude. Rosalinde drückte<br />
sich in den Schatten. Sie wäre am liebsten weggelaufen.<br />
Bimballo zündete die Lampen an. Nun erst entdeckte er in dem Tür-<br />
winkel die zerlumpte Frau. Er erschrak. »Eine Stachelländerin!« warnte<br />
er und ergriff seinen Knüppel. Hübeldübel fiel ihm in den Arm. »Eine<br />
Freundin«, erklärte er, »ohne sie wären wir nicht hier.«<br />
»Sie stinkt«, platzte es aus Bimballo heraus. Rosalinde fing an zu<br />
schluchzen. Sie wollte weg.<br />
Es war Melanie, die schließlich alles ins rechte Lot brachte. Schon bei<br />
der Umarmung hatte sie Zippels Veränderung bemerkt. Sonst war er vor<br />
Aufregung fast hingefallen, wenn sie ihn nur angeschaut hatte. Heute<br />
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