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PDF-Format - Hans Joachim Teschner

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Im Tal der Zyklopen<br />

Bis sich das erste lebende Gestrüpp am Wegesrand zeigte, verging ein<br />

alptraumartiger Marsch. An jedem Salzzapfen, der von den feuchten Wän-<br />

den hing, hielten die beiden Soldaten an. Genüsslich leckten sie daran und<br />

forderten Zippel ebenfalls dazu auf. Aus Angst, er könne sich verraten,<br />

folgte er ihrem Wunsch, und ihm war schon nach kurzer Zeit speiübel.<br />

Außerdem bekam er einen unersättlichen Durst. Seine Zunge hing ihm aus<br />

den Mundwinkeln, und er hätte den erstbesten Bergsee bis auf den letzten<br />

Tropfen austrinken können. Reibstein und Geierblick schienen dagegen mit<br />

jeder Salzportion munterer zu werden.<br />

Mit großer Überwindung gewöhnte sich Zippel zudem an, bei jedem Halt<br />

ein oder zwei Nägel oder Glasscherben auszuspucken. Einmal traf er verse-<br />

hentlich das Ohr des Soldaten Geierblick, was dieser mit einem erfreuten<br />

Krächzen quittierte, denn er hielt es für eine besondere Auszeichnung.<br />

Die ersten Pflanzen am Wegrand machten einen kranken Eindruck. Ihre<br />

gelben scharfkantigen Blätter hingen ausgedörrt halb im Staub. Stängel<br />

und Äste waren mit Stacheln übersät. Geierblick riss einen Strauch aus der<br />

Erde und klatschte ihn über den Nacken seines Vordermanns Reibstein.<br />

Dieser wieherte vor Vergnügen und trabte wie ein Geißbock über Stock<br />

und Stein. Zippel erschauderte. Zu solch eigenartigen Vergnügungen konn-<br />

te er beim besten Willen nicht überredet werden.<br />

Hie und da ragten auch schon ausgetrocknete Kakteen mit geisterhaft<br />

erhobenen Armen aus dem fruchtlosen Boden. Schwarze Kolkraben und<br />

gierige Aasgeier tauchten aus Felsnestern auf und verfolgten die drei wie<br />

eine sichere Beute.<br />

Ein tiefes Grollen ließ plötzlich den Boden erbeben. Reibstein sprang mit<br />

einem Satz herum und rammte Geierblick mit dem Kopf in den Bauch. Die-<br />

ser brach stöhnend zusammen und riss Zippel mit um. Mit einem giganti-<br />

schen Reißen und Knirschen öffnete sich direkt vor ihren Füßen die Erde zu<br />

einem schwarzen Spalt. Er war so tief, dass der Grund im Dunkel ver-<br />

schwand. Eines von Zippels Glasnudelbeinen hing kraftlos in den Höllen-<br />

schlund hinein. Stinkende, kochend heisse Schwefeldämpfe stiegen aus der<br />

Spalte und versengten Zippels Fuß. Entsetzt krallte er sich an einen krüp-<br />

peligen Baum und zog sich aus dem Loch. Geierblick und Reibstein dage-<br />

gen schnupperten an dem jauchigen Dampf, als wäre es die frischeste<br />

Waldluft.<br />

Die Erdspalte zwang sie zu einem weiten Umweg. Schließlich erreichten

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