Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
gewählt worden war, äußerte der Handelsausschuß des Repräsentantenhauses starke Bedenken<br />
gegenüber dem neuen Regime und fragte, ob mit ICANN der Ausverkauf der amerikanischen<br />
Ressource „Internet“ drohe (NYT online, 1999-10-28). Die neugewählten Direktoren<br />
traten den interim-Direktoren zur Seite, denn anders als vorgesehen hatten letztere ihre<br />
Amtszeit um ein Jahr verlängert, weil die Institutionalisierung der allgemeinen Mitgliedschaft<br />
(„At Large Membership“) sich hinzog. Der möglichst schnelle Ersatz der neun ungewählten<br />
interim-Direktoren durch Nachfolger, die laut Satzung von den Internet-Nutzern gewählt<br />
werden mußten, entwickelte sich zum Politikum ersten Ranges. Der von ICANN eingesetzte<br />
Beratungsausschuß zur ICANN-Mitgliedschaft kam zwar mit seiner Arbeit voran, aber die<br />
Ansichten, durch welche Regeln und Verfahren die Wahl- und Mitbestimmungsrechte der<br />
Internet-Nutzer implementiert werden sollten, gingen weit auseinander.<br />
Zunehmend wurde kritisiert, daß Verbraucherinteressen im ICANN-Prozeß stark unterrepräsentiert<br />
seien und Wirtschaftsinteressen die neue Institution für sich nutzten. Um diesem<br />
Ungleichgewicht zu begegnen, legte u. a. der Verbraucheranwalt Ralph Nader einen Plan zur<br />
Kontrolle der ICANN vor (CNET News 1999-09-27). Die Dominanz der Wirtschaftsinteressen<br />
wurde vor allem an dem Konfliktschlichtungsverfahren festgemacht, das ICANN erarbeiten<br />
ließ. Wie im Weißbuch der Regierung vorgesehen, basierte dieses Verfahren auf einem<br />
Bericht der WIPO 255 , wonach der Markenschutz bei Domainnamen in den gTLDs international<br />
und außergerichtlich durchsetzbar gemacht werden sollte. Während Gruppen wie die<br />
Domain Name Rights Coalition gegen die weitreichenden Ansprüche der Markeninhaber und<br />
ihrer Lobby kämpften, empfand die Medienindustrie die Vorgaben als ungenügend. Da<br />
letztere ihre Interessen bei ICANN nicht berücksichtigt sahen, starteten die in der „Copyright<br />
Coalition for Domain Names“ vereinigten Film- und Phonoverbände den Versuch, einen<br />
Vertreter in das Direktorium zu bekommen: Hollywood wollte ins ICANN-Board (CNET<br />
News 1999-09-09).<br />
Ein weiterer Problembereich manifestierte sich im Organ der Regierungsakteure bei der<br />
ICANN. Der seit dem Auftauchen in den Satzungsentwürfen umstrittene Regierungsbeirat<br />
(Governmental Advisory Committee, GAC) sorgte nach seiner Konstituierung für Aufsehen,<br />
indem er mit hoheitlicher Gebärde feststellte, daß der Namensraum des Internet eine öffentliche<br />
Ressource sei und insbesondere die Ländercode-TLDs unter die nationale Souveränität<br />
der Regierung fielen:<br />
255 First WIPO Internet Domain Name Process .<br />
223