Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
darum ging, ein Monopol zu zerschlagen, was nicht ohne formelle Verpflichtungen des<br />
Unternehmens gegenüber der Regierung ablaufen konnte. Zum einen mußten die .com, .net<br />
und .org TLDs für den Wettbwerb geöffnet werden, zum anderen mußte dafür gesorgt<br />
werden, daß die Dominanz des langjähirgen Monopolisten nicht zu Wettbewerbsverzerrungen<br />
führte.<br />
Die US-Regierung wollte auf keinen Fall dauerhaft in das neue System involviert sein,<br />
sondern die Autorität an die zu gründende private Organisation abtreten. Das neue System<br />
sollte zum Ende September 1998 seine Arbeit aufnehmen und bis spätestens zwei Jahre<br />
danach, also zum 30. September 2000, aus der Aufsicht des Handelsministeriums entlassen<br />
werden. Der vollständige Rückzug der US-Regierung wurde nicht nur um der Privatisierung<br />
willen angestrebt, sondern auch, um die Internationalisierung des neuen Arrangements<br />
glaubwürdig zu machen. Kurz gesagt: Das Grünbuch stellte die Agenda für die Kommerzialisierung,<br />
Privatisierung und Internationalisierung des Internet auf.<br />
Die US-Regierung steuerte mit ihrer Politik allerdings auf ein Dilemma zu. Der Prozeß lief<br />
in den Bahnen eines amerikanischen Verwaltungsverfahrens, was eine logische Folge der<br />
Entstehungsgeschichte des Internet war, aber der globalen Verbreitung des Netzes nicht mehr<br />
angemessen war. Einerseits lehnte es die US-Regierung ab, den Prozeß an eine internationale<br />
Organisation zu übergeben, da nach amerikanischer Ansicht das Internet durch private<br />
Selbstregulierung verwaltet werden sollte. Man traute den in Frage kommenden intergouvernementalen<br />
Gremien nicht zu, daß sie sich nach der Privatisierung wieder zurückziehen<br />
würden, wenn sie das Namen- und Adreßsystem des Internet erst unter ihre Fittiche genommen<br />
hätten. Andererseits gehörte zu der Entlassung der Internet-Koordination aus der Obhut<br />
der US-Regierung die wichtige Aufgabe, den Domainmarkt zu konstituieren, was der Privatsektor<br />
schwerlich selbst regeln konnte. Die Konstituierung des Domainmarktes brauchte<br />
einen staatlichen Akteur, der in neutraler Weise die Marktzugangschancen gleich verteilen,<br />
Rechts- und Investitionssicherheit herstellen mußte und damit insgesamt für eine legitime<br />
Ordnung sorgen würde. Wenn die aktuellen und potentiellen Marktteilnehmer dies selbst<br />
regeln würden, war zu erwarten, daß die Asymmetrie unter den Akteuren Exklusion,<br />
Unsicherheit und Benachteiligung mit sich bringen würde, also keine von allen akzeptierte<br />
Lösung.<br />
Das Handeln der US-Regierung mußte mehreren Ansprüchen genügen, ohne dabei in<br />
Widersprüche zu geraten: Erstens Neutralität in der Funktion des Marktgestalters und bei der<br />
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