Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
1998c). 164 Verwaltungsrechtlich handelte es sich um eine „Notice of Proposed Rulemaking“<br />
(NPRM), was bedeutete, daß noch keine Entscheidung gefallen war, sondern die Öffentlichkeit<br />
über den Vorgang in Kenntnis gesetzt wurde und die Möglichkeit zur kritischen Stellungnahme<br />
erhielt (Linneweber 1994: 79-82). Das Grünbuch war über den sachlichen Inhalt<br />
hinaus interessant, weil die US-Regierung darin die Quellen ihrer gesetzlichen Autorität für<br />
das Rulemaking nennen mußte, denn eine direkte Autorisierung durch den Kongreß lag nicht<br />
vor. Die angeführten Gesetzesartikel aus dem United States Code verwiesen auf die allgemeine<br />
Aufgabe des Handelsministeriums, den nationalen und internationalen Handel zu<br />
fördern sowie auf die speziellen Funktionen der NTIA in der Informations- und Telekommunikationspolitik.<br />
Weder direkt noch indirekt ließ sich daraus die Ermächtigung<br />
ableiten, das Domain Name System zu regulieren (Auerbach 1998:11-12; Froomkin 2000b:<br />
65-66). Das Grünbuch berief sich aber darauf, daß der Kongreß 1992 die NSF autorisiert<br />
habe, das NSFNET zu kommerzialisieren, und daß die Privatisierung des Domain Name<br />
System als übrig gebliebene Aufgabe damit im Zusammenhang stehe. Diese Argumentation<br />
war zumindest plausibel, wenn auch juristisch ungeklärt. Die rechtliche Seite der amerikanischen<br />
Internet-Politik blieb in der Grauzone.<br />
Das Grünbuch war ein großer Schritt nach vorne, es wurde als Wasserscheide zwischen<br />
dem akademischen und dem kommerziellen Internet angesehen (CNET News 1998-01-30).<br />
Aber es war eben nur ein Schritt vorwärts. Die inkrementelle Vorgehensweise der US-<br />
Regierung kam in den Äußerungen der Akteure deutlich zum Ausdruck. Magaziner sah den<br />
Stellungnahmen, die vier Wochen lang ab der Veröffentlichung des Dokuments im Federal<br />
Register abgegeben werden konnten, gelassen entgegen. Er schien allerdings nicht allzu<br />
überzeugt vom Inhalt zu sein:<br />
„We'll see what happens. If the proposal gets completely shot to pieces by everybody, then<br />
we'll have to try again and rethink it. If the reaction we get is that most people say there's<br />
some good elements in it and they suggest improvements, then we'll go through a number of<br />
iterations until we get to something that we can use“ (Zit. n. Gittlen 1998).<br />
Obwohl Magaziner und die NTIA seit Monaten mit den Experten der Internet community und<br />
der Industrie gesprochen hatten, sah der Internet-Berater des Präsidenten noch keine zwingende<br />
Linie zur Lösung der Domain-Problematik. Trotzdem merkte man dem Dokument die<br />
gründliche Beschäftigung mit der Thematik an. Das „Green Paper“ lieferte eine Weichenstellung<br />
in Richtung Rückzug der US-Regierung, Kommerzialisierung und Inter-<br />
164 Die offizielle Veröffentlichung im Federal Register erfolgte am 20. Februar 1998.<br />
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