Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
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5.5.3 Privatisierung, Internationalisierung und die Entscheidung, nichts zu<br />
entscheiden: Das US-Weißbuch<br />
Am 5. Juni 1998 gab die NTIA das Dokument „Management of Internet Names and<br />
Addresses“, das sogenannte „White Paper“, heraus (NTIA 1998d). Der formale Status des<br />
Papiers war von größter Bedeutung, denn rechtlich gesehen ruderte die US-Regierung zurück.<br />
Dies war vor allem auf den Protest aus dem Ausland (EU und Australien) zurückzuführen,<br />
aber auch darauf, daß innenpolitisch die rechtliche Handlungsbefugnis der Agentur im<br />
Stellungnahmeprozeß angezweifelt worden war (Auerbach 1998).<br />
Die NTIA veröffentlichte das Weißbuch als „Statement of Policy“, nicht als „Final Rule“,<br />
was nach dem eingeschlagenen Rulemaking-Verfahren zu erwarten gewesen wäre. Nach<br />
amerikanischem Verwaltungsrecht ist die „Final Rule“ einer deutschen Rechtsverordnung<br />
vergleichbar, wobei zu beachten ist, daß die Regierungsagenturen im politischen System der<br />
USA auch legislative Funktionen haben. Ein Rulemaking-Prozeß, der wie im vorliegenden<br />
Fall des Domain Name System ein „Notice and Comment“-Verfahren enthält, strebt normalerweise<br />
eine „Substantive“ oder „Legislative Rule“ an, die die Kraft eines Gesetzes hat.<br />
Dagegen ist ein „Statement of Policy“ völlig unverbindlich, es hat keine rechtliche Bindewirkung.<br />
Es dient lediglich der Information der betroffenen Parteien darüber, was die Regierung<br />
vorhat und wie sie sich zu verhalten gedenkt (Froomkin 2000b: 66-67; Linneweber<br />
1994: 72-95). 194<br />
Der Inhalt des Weißbuchs zeigte ebenso wie die Form, daß die US-Regierung von ihrem<br />
ursprünglichen, detaillierten Regelungsansatz abgerückt war, zum einen, weil die Stellungnahmen<br />
keine eindeutigen Lösungen der komplexen Fragen ergeben hatten, zum anderen,<br />
weil nun stark auf die übernationale Verbreitung des Internet eingegangen wurde und man<br />
folglich die wichtigen Entscheidungen der global ausgerichteten neuen Organisation überlassen<br />
wollte. Die Internationalisierung trat als zweites Leitziel neben die Kommerzialisierung.<br />
Das Weißbuch war „designed to identify global representativeness as an important priority“<br />
(NTIA 1998d).<br />
Trotz des Verzichts auf umfassende Regelung, enthielt das Weißbuch viele Anforderungen,<br />
an denen die US-Regierung die „new corporation“ messen wollte, bevor sie eine Vereinbarung<br />
mit ihr eingehen würde. Die Prinzipien des Grünbuchs blieben bestehen: Wettbewerb,<br />
192