Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
Verwaltung liege in den Händen der Internet community. Dieser Ansicht war Postel schon<br />
lange, der in der zentralen RFC für das Domain Name System formuliert hatte:<br />
„The Internet Assigned Numbers Authority (IANA) is the overall authority for the IP<br />
Addresses, the Domain Names, and many other parameters, used in the Internet“ (RFC 1591).<br />
Postels Praxis hatte keine juristische Basis, sie wurde von Rony und Rony als „,authority by<br />
announcement‘“ charakterisiert (Rony/Rony 1998: 123). Der Internet-Experte der ITU fragte<br />
kritisch, auf welcher Grundlage denn eine Institution wie die IANA sich von der erst später<br />
gegründeten ISOC und einem interministeriellen Ausschuß eine satzungsmäßige Anerkennung<br />
(„Charter“) aussprechen lassen könne (Shaw 1997).<br />
Die Akteure sahen, daß das gewachsene informelle System immer problematischer wurde,<br />
aber nicht zu erwarten war, daß zuerst Klarheit über die Eigentums- und Nutzungsrechte am<br />
Adreß- und Namensraum des Internet geschaffen werden konnte, um auf dieser Basis dann<br />
die formelle Institutionalisierung des Internet zu betreiben. Es gab nur drei Alternativen:<br />
Erstens, warten auf rechtliche Klärung, was Stillstand gleichgekommen wäre, zweitens<br />
Handeln des Privatsektors in der rechtlichen Grauzone oder drittens Handeln der amerikanischen<br />
Regierung. 107<br />
Eine exzellente Momentaufnahme der Situation liefert der Workshop des Harvard Information<br />
Infrastructure Project und der NSF (HIIP/NSF 1995). Die Teilnehmerliste liest sich<br />
wie ein Who’s who der Internet policy-Experten. Mike St. Johns von der DARPA vertrat<br />
erneut seine Position, daß der Adreß- und Namensraum des Internet historisch und juristisch<br />
gesehen der amerikanischen Regierung gehöre. Er erkannte aber auch, daß durch das Domain<br />
Name System internationale und amerikanisch-innenpolitische Angelegenheiten so stark<br />
vermischt worden waren, daß sie unmöglich durch US-Recht geregelt werden konnten. Nach<br />
seiner Auffassung kam die ITU als geeignete, legitime internationale Organisation zur Lösung<br />
der Probleme in Frage, nicht aber die Internet Society. Er stieß mit seinen Ansichten auf<br />
107 In diesem Zusammenhang ist die Position interessant, die der Rechtswissenschaftler Henry Perritt Jr. im<br />
Rechtsstreit des Domain-Unternehmens PG Media gegen NSI und NSF 1998 einnahm. Er vertrat unter Berufung<br />
auf internationales Recht die Auffassung, daß die US-Regierung keine mit Rechtstiteln begründbare Autorität<br />
über den A-Root Server des DNS habe, sondern daß vielmehr die Praxis der Internet community entscheidend<br />
sei:<br />
„[I] t is unclear what the basis is for the defendants’ [NSF] assertion of authority over the root "A" server...<br />
Although IANA and InterNIC, which have delegated certain technical functions to NSI, receive Government<br />
funds, and although NSF is a government instrumentality, no treaty, constitution or statute gives these bodies<br />
authority to set policy or to make rules for the Internet. The financial support provided by the government has<br />
not created government ownership of any intellectual property or physical asset essential to operation of the root<br />
of the domain name system. To the contrary, it is the practice and custom of the international Internet<br />
community, rather than law, that defines the operation of the domain name system“ (Perritt Jr. 1998).<br />
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