Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
nicht mehr zu kümmern, der Präsidentenberater schied Ende 1998 aus der US-Regierung aus<br />
und zog sich in sein Beratungsunternehmen zurück (CNET News 1998-11-06).<br />
In der ersten Zeit war ICANN extrem instabil und verfügte über so geringe Akzeptanz, daß<br />
viele Beobachter damit rechneten, daß die neue Institution nicht überleben würde. Insofern<br />
fungierte die US-Regierung als Stabilitätsanker, ohne jedoch faktisch in der Lage zu sein, im<br />
Falle des Scheiterns die operative DNS-Administration selbst auszuführen. Schlimmstenfalls<br />
drohte, daß ganze TLD-Räume nicht mehr erreichbar waren, die einheitliche Spitze des<br />
Domain Name System verlorenging und das Internet in mehrere, diskonnektierte Teile zerfiel.<br />
Der Übergangsprozeß bewegte sich auf einem schmalen Grat. Die neue Governancestruktur<br />
des Internet stand technisch und ökonomisch im Schatten der Anarchie und politisch im<br />
Schatten der Hierarchie, obwohl der US-Regierung eigentlich nur zwei äußerst riskante Mittel<br />
zur Verfügung standen: Kündigung oder Zwangsverwaltung.<br />
5.6 Das kritische erste Jahr: Ausbildung der Binnenstruktur, Stabilisierung<br />
und Akzeptanzprobleme der ICANN<br />
Der Prozeß der Institutionenbildung war mit der Gründung der ICANN nur äußerlich abgeschlossen.<br />
ICANN war formell inkorporiert, doch ihre innere Struktur und ihre externen<br />
Bezüge standen zunächst nur auf dem Papier. Die ICANN mußte ihre Satzung mit Leben<br />
erfüllen, bevor sie die Arbeit aufnehmen konnte. Dazu mußte sie den Legitimationsvorschuß,<br />
den sie mit der Anerkennung durch die US-Regierung erhalten hatte, produktiv einsetzen.<br />
Doch diesem Vorschuß stand eine Starthypothek gegenüber, denn zwei umstrittene Punkte<br />
belasteten die Akzeptanz der ICANN erheblich: erstens die nicht-öffentliche Bestimmung des<br />
vorläufigen Direktoriums und zweitens die Anschubfinanzierung durch die Großindustrie.<br />
Bei denjenigen, die sich für die Öffentlichkeit des gesamten Prozesses eingesetzt hatten,<br />
erhielt die ICANN durch die Auswahl des Direktoriums hinter verschlossenen Türen einen<br />
schweren Makel: „[T]he secretive way it was formed did lasting damage to its legitimacy“<br />
(Mueller 1999b: 42). Es wurde zunächst wenig darüber bekannt, wie die Mitglieder des<br />
„initial Board“ bestimmt worden waren, und deshalb wurde darüber spekuliert, wer wen<br />
ausgesucht hatte und welche Einflüsse damit verbunden waren. Als treibende Kräfte wurden<br />
die IANA, die Internet Society, IBM und die Europäische Kommission ausgemacht (Mueller<br />
1999a: 506-507), aber auch namentlich die „mighty five“ der Internet old boys (Cook Report<br />
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