Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
den gTLDs auf dieser Ebene nicht gegeben war. Es konnte nur eine einzige, unteilbare .com-<br />
Datenbank geben, und folglich konnte man einen .com-Namen nicht zu einem anderen<br />
Datenbankbetreiber mitnehmen. D. h. daß eine Firma, die sich unter dem Namen<br />
firmaxyz.com vermarktet hatte, nur unter großem Aufwand zu firmaxyz.shop wechseln<br />
konnte, so daß die .com-Registry ungeniert an der Preisschraube drehen konnte. Die Mehrheit<br />
der Kommentatoren sahen dieses Szenario als realistisch an, während die FTC argumentierte,<br />
daß die abschreckende Wirkung auf Neukunden eine Registry veranlassen würde, Preistreiberei<br />
zu unterlassen. 171<br />
Ein grundsätzlich umstrittener Punkt lag in der Definition des Namens- und Adreßraums<br />
des Internet. Die US-Regierung unterließ eine explizite Definition, aber aus dem Vorhaben,<br />
sich vollständig aus der Governancestruktur des Internet zurückzuziehen und alle Funktionen<br />
an die neue Korporation zu übertragen, wurde ersichtlich, daß sie den Namens- und Adreßraum<br />
des Internet als private Ressource betrachtete. Dieser Ansicht pflichtete ein Teil der<br />
Kommentatoren bei, allen voran Tony Rutkowski, der als Leitmodell die Definition „shared<br />
private trust“ aufbrachte. Ähnlich argumentierte CIX, während NSI eine gemäßigtere Position<br />
einnahm und nur das Root Server System als „the ‚public trust‘ part of the system“ bezeichnete.<br />
172 Dagegen vertraten Organisationen wie die Internet Society, EDUCOM (die Informationstechnologie-Vereinigung<br />
der US-Hochschulen) und die ausländischen Regierungen<br />
den gegensätzlichen Standpunkt, nämlich daß die Namen und Nummern eine öffentliche<br />
Ressource seien. Die Motive waren allerdings verschieden. EDUCOM sorgte sich um die<br />
Stellung der Bildungseinrichtungen im kommerziellen Netz, und definierte daher Namen und<br />
Adressen als öffentlichen Raum aller Internet-Nutzer „which requires public interest<br />
stewardship“. Die ISOC berief sich auf das von ihr mitgetragene „international public trust“-<br />
Modell des gTLD-MoU, an dem bekanntermaßen die ITU beteiligt war. 173<br />
Die Haltungen der Regierungen stellten einen besonderen Fall dar. Nur wenige ausländische<br />
Regierungen meldeten sich überhaupt offiziell zu Wort. Viele nationale Regierungen<br />
171 Zur Argumentation gegen for-profit Registries siehe z. B. die Stellungnahmen der ISOC, des PAB, des CIX,<br />
der Regierung Australiens oder der Experten Scott Bradner (IESG-Mitglied, ISOC- und ARIN-Trustee)<br />
und Karl Auerbach<br />
. Network Solutions gehörte<br />
zu den wenigen Befürwortern von kommerziellen Registries, lehnte allerdings auch die Trennung von Registry<br />
und Registrar ab .<br />
172 Rutkowski: ,<br />
CIX: ,<br />
NSI: .<br />
173 ISOC: ,<br />
181