Download Kapitel 5 (PDF, 785 KB) - Volker Leib
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Internet Governance & ICANN<br />
www.volker-leib.de<br />
Europa und die USA generell auf einen internationalen Ansatz verständigt hatten. 177 Die<br />
Kommission äußerte sich tief besorgt, daß das globale Internet unter US-Jurisdiktion fallen<br />
würde, wenn das Grünbuch umgesetzt werden würde. Der Mangel an internationaler Beteiligung<br />
und der vorgesehene Ausschluß intergouvernementaler Institutionen seien nicht hinnehmbar.<br />
Die USA müßten ihre direkte regulatorische Intervention auf die bestehenden<br />
amerikanischen Vereinbarungen zwischen Regierungsagenturen und US-Institutionen<br />
begrenzen. Alle anderen Fragen sollten an ein repräsentatives internationales Gremium<br />
übergeben werden, denn viele Punkte des Grünbuchs verlangten nach „thorough bilateral and<br />
multilateral consideration“ (European Commission/Council of the European Union 1998). Die<br />
Europäische Kommission fing an, in dem Prozeß eine aktive Rolle zu spielen und versuchte,<br />
in bilateralen Gesprächen mit der US-Administration Einfluß zu nehmen. Als Druckmittel<br />
hatte sie nicht viel in der Hand. Die diffuse Drohung aus der französischen Internet<br />
community, es bestehe das Risiko, daß Europa ein eigenes Internet und eine eigene DNS Root<br />
aufbauen würde, schien nicht sehr realistisch. Solche Äußerungen zeigten aber, wie feindselig<br />
das Grünbuch teilweise im Ausland aufgenommen wurde (TechWeb News 1998-03-10).<br />
Die hitzigsten Diskussionen konzentrierten sich auf den Punkt, in dem es um Posten und<br />
Einfluß ging. Das Grünbuch machte einen konkreten Vorschlag, wie das Board der neuen<br />
Spitzenorganisation zusammengesetzt sein sollte, was sich als besonders heikel erwies. In den<br />
meisten Stellungnahmen von korporativen Akteuren fand sich eine Passage, in der die<br />
betreffende Gruppe ihren Anspruch anmeldete, im Board vertreten zu sein. Nach den Vorstellungen<br />
der US-Regierung sollte das erste Board 15 Sitze haben. Neben dem CEO der zu<br />
gründenen Organisation wurden sieben Sitze für die technische Seite und die Anbieter sowie<br />
sieben Sitze für die Internet-Nutzer vorgesehen. Folgende Gruppen sollten das Recht erhalten,<br />
Mitglieder zu benennen.<br />
Technik/Anbieter<br />
- Regionale Nummernvergabestellen (3)<br />
- Internet Architecture Board (2)<br />
- Registries (1)<br />
- Registrars (1)<br />
CEO<br />
Nutzer<br />
- Kommerzielle Nutzer, inkl.<br />
Markeninhaber (5)<br />
- Non-profit Nutzer (1)<br />
- Individuelle Nutzer (1)<br />
Tabelle 8: Zusammensetzung des Direktoriums nach dem Grünbuch<br />
177 Zur Regelung der grenzüberschreitenden Probleme der Informationsgesellschaft schwebte der Europäischen<br />
Kommission eine „Internationale Charta für den globalen elektronischen Marktplatz“ vor, nach der ein<br />
Verfahren installiert würde, in dem die Interessen des öffentlichen und des privaten Sektors angemessen<br />
vertreten sein sollten (European Commission 1998a).<br />
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