Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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6.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLENÆ 97<br />
alle diese Zahlen enthält, denn nur d<strong>an</strong>n ist sie eindeutig bestimmt (und das, was wir uns<br />
naiv unterÆvorstellen).<br />
Theorem 6.1.2. Sei die Nachfolgereigenschaft ψ<br />
gegeben. D<strong>an</strong>n gilt<br />
ψ(Y ) := ∀X : (∅ ∈ Y ∧ (X ∈ Y ⇒ S(X) ∈ Y )).<br />
∃!Æ:∀M : (ψ(Æ) ∧ (ψ(M) ⇒Æ⊆M)).<br />
Mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en Worten, es gibt genau eine Menge <strong>der</strong> natürlichen Zahlen. Sie ist die kleinste<br />
Menge, die die Nachfolgereigenschaft besitzt.<br />
Beweis. Wegen ZF7 gibt es eine Menge Z, die die Eigenschaft ψ(Z) besitzt. Wir definieren<br />
N := {M ∈ÈZ | ψ(M)}. Sei nunÆ:= ⋂ N. (Für eine Mengenfamilie F ist ⋂ F<br />
definiert durch ⋂ F := {x ∈ ⋃ F | ∀F ∈ F : (x ∈ F)}.)<br />
D<strong>an</strong>n gilt ∀M ∈ N : ψ(M), und daher ∀M ∈ N : (∅ ∈ M), also auch ∅ ∈Æ. Ferner<br />
wissen wir X ∈Æ⇒(∀M ∈ N : (X ∈ M)), deshalb ∀M ∈ N : (S(X) ∈ M), was wie<strong>der</strong>um<br />
S(X) ∈Æzur Folge hat. Daher gilt ψ(Æ).<br />
Um Eindeutigkeit zu zeigen, nehmen wir <strong>an</strong>, dass ∃M : ψ(M) (etwa ein M, das nicht<br />
Teilmenge von Z ist). Mit denselben Argumenten wie oben können wir zeigen, dass ψ(Z ∩M)<br />
gilt, sowie (Z ∩ M) ⊆ M undÆ⊆Z∩ M, wasÆ⊆M impliziert.<br />
□<br />
Korollar 6.1.3. Es gilt das Induktionsprinzip<br />
∀M ∈ÈÆ:(ψ(M) ⇒ M =Æ).<br />
Beweis. Sei M ∈ÈÆbeliebig. Gilt ψ(M), so ist M ⊆Æ, und nach Voraussetzung gilt<br />
Æ⊆M, und daher ist M =Æ.<br />
□<br />
Diese (etwas unintuitive) Version <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> natürlichen Zahlen ist viel mächtiger<br />
als die Definitionen, die im neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t gegeben wurden. Das sieht m<strong>an</strong><br />
allein dar<strong>an</strong>, dass m<strong>an</strong> das Induktionsprinzip beweisen k<strong>an</strong>n und nicht als Axiom for<strong>der</strong>n<br />
muss. Alle fünf von Pe<strong>an</strong>o <strong>für</strong> die natürlichen Zahlen <strong>an</strong>gegebenen Axiome k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> leicht<br />
überprüfen.<br />
Proposition 6.1.4. Die Menge <strong>der</strong> natürlichen ZahlenÆerfüllt die Pe<strong>an</strong>o Axiome.<br />
Beweis. Die Axiome PA1 und PA2 gelten wegen <strong>der</strong> Definition vonÆund PF5 haben<br />
wir in Korollar 6.1.3 gezeigt. Es bleiben also nur noch PA3 und PA4.<br />
PA3 beweisen wir indirekt. Sei also n ∈Ægegeben mit S(n) = 0. D<strong>an</strong>n ist S(n) =<br />
n ∪ {n} = ∅, doch es gilt n ∈ S(n), und daher S(n) ≠ ∅. Dieser Wi<strong>der</strong>spruch beweist PA3.<br />
Zum Beweis von PA4 nehmen wir <strong>an</strong>, dass m, n ∈Æsind mit S(n) = S(m). Sei k ∈ n.<br />
D<strong>an</strong>n ist auch k ∈ n ∪ {n} = S(n) = S(m) = m ∪ {m}, also k ∈ m o<strong>der</strong> k ∈ {m} wegen <strong>der</strong><br />
Eigenschaften von ∪. Weil aber die Menge {m} nur ein Element, nämlich m enthält, folgt<br />
daraus die Tatsache k ∈ m ∨ k = m. Ist k = m, so gilt n ∈ k ∨ n = k, weil n ∈ S(n) =<br />
S(m) = S(k), und daher wi<strong>der</strong>spricht entwe<strong>der</strong> {n, k} o<strong>der</strong> {k} dem Fundierungsaxiom ZF9.<br />
Daher gilt k ∈ m und auch n ⊆ m. Analog zeigt m<strong>an</strong> durch Vertauschen von m und n die<br />
Relation m ⊆ n, und es folgt n = m. Dies beweist auch PA4, und wir sind fertig. □<br />
Die arithmetischen Operationen + und · definiert m<strong>an</strong> ebenfalls über S. Die Totalordnung<br />
≤ ist einfach<br />
m ≤ n :⇔ (m ∈ n ∨ m = n).<br />
Proposition 6.1.5. Die Relation ≤ ist eine Totalordnung.