Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
5.2. GRUPPEN 75<br />
(ii) Analog heißt ein Element e R ∈ G Rechtseinselement (rechtsneutrales Element),<br />
wenn sich bei Verknüpfung von rechts ”<br />
nichts än<strong>der</strong>t“:<br />
∀g ∈ G : g ◦ e R = g.<br />
Gibt es ein Element e ∈ G, das sowohl Links- als auch Rechtseinselement ist, d<strong>an</strong>n heißt<br />
e Einselement. Formal definieren wir.<br />
Definition 5.2.5 (Einselement). Ein Element e eines Gruppoids G heißt Einselement<br />
o<strong>der</strong> neutrales Element, falls<br />
∀g ∈ G : g ◦ e = e ◦ g = g<br />
gilt. Wird die Verknüpfung mit + bezeichnet (additiv geschrieben), so bezeichnet m<strong>an</strong> e oft<br />
mit 0 o<strong>der</strong>¼und nennt es Nullelement. Einselemente bezüglich multiplikativ geschriebener<br />
Verknüpfungen erhalten auch oft die Bezeichnung 1 o<strong>der</strong>½.<br />
Beispiel 5.2.6 (Neutralitätseigenschaft).<br />
(Æ, +), . . .,(Ê, ·): Für die Addition von natürlichen, g<strong>an</strong>zen und reellen Zahlen ist<br />
klarerweise 0 das Nullelement, und <strong>für</strong> die Multiplikation ist 1 das Einselement.<br />
(T, ◦): Die Menge T enthält die Tr<strong>an</strong>slation <strong>der</strong> Länge 0, welche das Objekt nicht von<br />
<strong>der</strong> Stelle bewegt. (Die Richtung ist hierbei egal!) Sie ist das Einselement von T.<br />
(D, ◦): Die Drehung um 0 Grad (die Achse ist dabei unerheblich) ist das Einselement<br />
<strong>der</strong> Halbgruppe D.<br />
(Abb(M), ◦): In <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> Abbildungen Abb(M) bildet die Identität½M (vgl. Seite<br />
60) auf M das Einselement.<br />
(W, ◦), (S, ◦): Führt m<strong>an</strong> nicht künstlich leere Hauptwörter o<strong>der</strong> leere Strichblöcke<br />
ein, so enthalten W und S keine neutralen Elemente.<br />
( )<br />
0 0<br />
(M 2 (Ê), +): Die Nullmatrix ist das Nullelement von (M<br />
0 0<br />
2 (Ê), +).<br />
( )<br />
1 0<br />
(M 2 (Ê), ·): Auch (M 2 (Ê), ·) hat ein Einselement, nämlich die Einheitsmatrix .<br />
0 1<br />
(FP 2 , ⊕): Die Menge FP 2 hat ebenfalls ein Nullelement. Die Zahl 0 ist in FP 2 enthalten<br />
und besitzt alle Eigenschaften eines neutralen Elements.<br />
Nach Definition 5.2.5 können wir uns schon einmal fragen, welche Konsequenzen die<br />
Existenz eines Einselements hat. Die ersten beiden Ergebnisse finden wir in den folgenden<br />
Propositionen. Beim Beweis <strong>der</strong>selben, sowie bei den übrigen Beweisen in diesem Abschnitt<br />
müssen wir genauestens auf die Eigenschaften achten, die wir verwenden dürfen. Einer <strong>der</strong><br />
beliebtesten Fehler in <strong>der</strong> Algebra ist, in Beweisen ohne zu zögern Eigenschaften <strong>der</strong> Verknüpfung<br />
zu verwenden, die gar nicht erfüllt sind — also Achtung!<br />
Die Stärke <strong>der</strong> mathematischen Strukturtheorie gilt es auszunutzen. Wir wollen zum Beispiel<br />
die interess<strong>an</strong>te Frage be<strong>an</strong>tworten, ob in all unseren Beispielen das <strong>an</strong>gegebene Einselement<br />
das einzige Element <strong>der</strong> Grundmenge ist, das die Neutralitätseigenschaft aufweist.<br />
Um nicht jedes Beispiel einzeln untersuchen zu müssen, verwenden wir nur die Struktureigenschaften<br />
<strong>für</strong> den Beweis.<br />
Proposition 5.2.7 (Eindeutigkeit des neutralen Elements).<br />
(i) Besitzt ein Gruppoid (G, ◦) ein Einselement e, d.h. ∃e ∈ G :<br />
∀g ∈ G : g ◦ e = e ◦ g = g,<br />
so ist e eindeutig bestimmt (und wir können also von dem Einselement in G sprechen).