Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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90 5. GRUNDLEGENDE ALGEBRA<br />
das zweite Distributivgesetz (DG2) d<strong>an</strong>n automatisch) <strong>für</strong> die ”<br />
Verträglichkeit“ <strong>der</strong> beiden<br />
Operationen.<br />
An<strong>der</strong>s ausgedrückt ist ein Ring mit Einselement (K, +, ·) ein Körper, wenn zusätzlich<br />
(K \ {0}, ·) eine abelsche Gruppe ist.<br />
Beispiel 5.4.3 (Körper). Die rationalen Zahlen (É, +, ·, 0, 1) bilden ebenso einen Körper<br />
wie die reellen o<strong>der</strong> komplexen Zahlen.<br />
Um weitere Beispiele zu finden, müssen wir ein wenig arbeiten — was wir im folgenden<br />
Beispiel auch tun.<br />
Beispiel 5.4.4 (Restklassenkörper). Die schon aus Beispiel 4.2.13 bek<strong>an</strong>nten Restklassen<br />
p bilden einen kommutativen Ring mit Einselement mit den Verknüpfungen<br />
a + b := a + b<br />
a · b := ab.<br />
Ist p eine Primzahl, so istp sogar ein Körper.<br />
Zuerst seien die Eigenschaften <strong>für</strong> Ringe überprüft: Die Operation + ist wohldefiniert,<br />
weil <strong>für</strong> je zwei verschiedene Repräsent<strong>an</strong>ten a, a ′ ∈ a bzw. b, b ′ ∈ b gilt: a = a ′ + kp und<br />
b = b ′ + lp <strong>für</strong> geeignete k, l ∈. D<strong>an</strong>n ist aber a + b = a ′ + b ′ + (k + l)p, und damit ist<br />
a + b = a ′ + b ′ .<br />
Der Ausdruck wohldefiniert bedeutet nicht, dass etwas schön“ definiert ist. Diesen Ausdruck<br />
verwendet m<strong>an</strong>, wenn m<strong>an</strong> eine Beziehung, eine Operation, eine Abbildung <strong>für</strong> eine<br />
”<br />
Klasse von Objekten dadurch definiert, dass m<strong>an</strong> einen Repräsent<strong>an</strong>ten aus <strong>der</strong> Klasse<br />
wählt und <strong>für</strong> diesen die Beziehung, Operation, Abbildung erklärt. D<strong>an</strong>n muss m<strong>an</strong> nämlich<br />
überprüfen, ob diese Definition unabhängig von <strong>der</strong> Wahl des Repräsent<strong>an</strong>ten ist o<strong>der</strong> ob<br />
die Definition etwa auf verschiedenen Elementen <strong>der</strong> Äquivalenzklasse verschiedenes bedeutet,<br />
denn das wäre schlecht.<br />
Ein Beispiel einer nicht wohldefinierten Operation auf3 ist √ a := √ a, wenn a eine<br />
Quadratzahl ist. Wollen wir √ 1 berechnen, so finden wir √ 1 = √ 1 = 1. Gleichzeitig gilt aber<br />
1 = 4, und wir hätten √ 1 = √ 4 = √ 4 = 2, was zu einem Wi<strong>der</strong>spruch führt. Die Operation<br />
√ wie oben eingeführt ist also nicht wohldefiniert.<br />
Ebenso gilt <strong>für</strong> ·: ab = (a ′ + kp)(b ′ + lp) = (a ′ b ′ + (a ′ l + kb ′ + klp)p), und daher ist<br />
ab = a ′ b ′ . Auch · ist also wohldefiniert.<br />
Weil <strong>für</strong> g<strong>an</strong>ze Zahlen (und das sind die Repräsent<strong>an</strong>ten <strong>der</strong> Nebenklassen ja auch!)<br />
Assoziativgesetz, Kommutativgesetz und Distributivgesetz gelten, gelten diese Gesetze auch<br />
<strong>für</strong> + und · aufp. Das Nullelement ist 0, und das Einselement 1 erfüllt <strong>für</strong> p > 1 auch<br />
0 ≠ 1. Das additiv Inverse einer Klasse a ist leicht gefunden. Es ist −a.<br />
Um zu überprüfen, dassp ein Körper ist, wenn p eine Primzahl ist, müssen wir nur noch<br />
beweisen, dass jedes Element a ≠ 0 ein Inverses besitzt. Dazu müssen wir eine Restklasse b<br />
finden mit a · b = 1. Ein Satz aus <strong>der</strong> elementaren Zahlentheorie besagt folgendes:<br />
Sind x, y ∈Æmit ggT(x, y) = 1, so gibt es g<strong>an</strong>ze Zahlen b, n mit<br />
1 = bx + ny.<br />
Für jede Restklasse a mit a ≠ 0 ist ggT(a, p) = 1, da p Primzahl ist. Somit folgt die Existenz<br />
zweier Zahlen b, n mit ba + np = 1. Daher ist b das Inverse zu a, undp ist tatsächlich ein<br />
(endlicher) Körper.