Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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42 4. MENGENLEHRE<br />
• Sei n die kleinste natürliche Zahl, die ...<br />
• ...die leere Menge.<br />
• ...die Menge <strong>der</strong> natürlichen/g<strong>an</strong>zen/rationalen/reellen Zahlen.<br />
Bevor wir den Begriff ”<br />
Menge“ weiter studieren, machen wir einen kurzen historischen<br />
Exkurs, denn die Geschichte <strong>der</strong> Mengenlehre unterscheidet sich grundlegend von <strong>der</strong> fast<br />
aller <strong>an</strong><strong>der</strong>en Gebiete <strong>der</strong> <strong>Mathematik</strong>, wie etwa in [O’Connor, Robertson 1996] dargestellt.<br />
Üblicherweise geht die mathematische Entwicklung verschlungene Wege. Theorien werden<br />
über Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg von mitunter konkurrierenden Schulen von <strong>Mathematik</strong>ern<br />
gepflegt und weiterentwickelt. Plötzlich ist die Theorie <strong>an</strong> einem Punkt <strong>an</strong>gel<strong>an</strong>gt, <strong>an</strong> dem<br />
oftmals mehrere <strong>Mathematik</strong>er gleichzeitig einen Geistesblitz haben und ein bedeutendes<br />
Resultat entdeckt wird. Die Mengenlehre steht dem vollständig entgegen. Bis auf wenige<br />
zusätzliche Arbeiten ist sie die Entwicklung eines einzigen M<strong>an</strong>nes, Georg C<strong>an</strong>tor.<br />
Abbildung 4.1. Georg C<strong>an</strong>tor (1845–1918)<br />
Die ”<br />
Unendlichkeit“ hat die Philosophie (und damit die <strong>Mathematik</strong>) jedenfalls seit Zeno<br />
von Elea (ca. 490-425 v.Chr), also seit etwa 450 v.Chr. beschäftigt. Später haben sich bedeutende<br />
Philosophen, unter <strong>an</strong><strong>der</strong>en Aristoteles (384–322 v.Chr.), René Descartes (1596–1650),<br />
Georeg Berkeley (1685–1753), Gottfried W. Leibniz (1646–1716), aber auch Albert von Sachsen<br />
(1316-1390), <strong>der</strong> die Volumina unendlicher Mengen (Strahlen, Raum,...) verglichen hat,<br />
mit diesem Problem ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>gesetzt.<br />
An<strong>der</strong>s die Idee <strong>der</strong> Menge. Diese beg<strong>an</strong>n erst Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts l<strong>an</strong>gsam in<br />
die Köpfe <strong>der</strong> <strong>Mathematik</strong>er Einzug zu halten. So hat etwa <strong>der</strong> tschechische <strong>Mathematik</strong>er<br />
Bernard Bolz<strong>an</strong>o (1781–1848) ein Jahr vor seinem Tod folgen<strong>der</strong>maßen formuliert:<br />
...eine Verkörperung <strong>der</strong> Idee o<strong>der</strong> des Konzeptes, das wir erhalten, wenn<br />
wir die Anordnung seiner Teile <strong>für</strong> gleichgültig erachten.<br />
Der wirkliche Durchbruch <strong>der</strong> Mengenlehre kam aber erst mit Georg C<strong>an</strong>tor, <strong>der</strong> nach einem<br />
Besuch bei Richard Dedekind (1831–1916) und darauf folgen<strong>der</strong> Korrespondenz im Jahr<br />
1874 eine wissenschaftliche Arbeit im Crelle-Journal publizierte, in <strong>der</strong> er Mengen und das<br />
Konzept verschiedener Klassen von Unendlichkeit einführte.