Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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70 5. GRUNDLEGENDE ALGEBRA<br />
viele Zwischenstufen aus dem arabischen al-jabr (Auffüllen, Vervollständigen) das mo<strong>der</strong>ne<br />
Wort Algebra.<br />
Heute wird unter Algebra vor allem die mathematische Theorie von Strukturen verst<strong>an</strong>den,<br />
und was das genau ist, wollen wir uns in den nächsten Abschnitten genauer <strong>an</strong>sehen.<br />
5.1. Motivation<br />
Alle hier zu besprechenden Strukturen basieren auf dem Mengenkonzept. Es sind Mengen<br />
zusammen mit Abbildungen, die bestimmte Eigenschaften aufweisen. Wir beginnen<br />
mit einigen Beispielen.<br />
Beispiel 5.1.1.<br />
Hauptwörter: Sei W die Menge aller Hauptwörter <strong>der</strong> deutschen Sprache. Wählt<br />
m<strong>an</strong> zwei Wörter aus W, d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> (meist) durch (fast bloßes) Hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzen<br />
ein weiteres Wort aus W erzeugen. Wir können etwa aus Leiter“ und ”<br />
” Sprosse“ das Wort ” Leitersprosse“ bilden. Auch ” Dampf“ und Schiff“ lassen sich<br />
”<br />
zu Dampfschiff“ verbinden, Schiff“ und Kapitän“ ergeben Schiffskapitän“.<br />
” ” ” ”<br />
Strichblöcke: Sei S die Menge aller Strichblöcke. Ein Strichblock ist einfach eine<br />
Ansammlung hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong> geschriebener gleich l<strong>an</strong>ger Striche:<br />
s = ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣ ∣<br />
Fügen wir zwei Strichblöcke <strong>an</strong>ein<strong>an</strong><strong>der</strong>, d<strong>an</strong>n erhalten wir wie<strong>der</strong> einen (längeren)<br />
Strichblock.<br />
Tr<strong>an</strong>slationen: Sei T die Menge aller Möglichkeiten, ein Objekt im dreidimensionalen<br />
Raum geradlinig zu verschieben, also die Menge <strong>der</strong> Tr<strong>an</strong>slationen. Bei <strong>der</strong><br />
Betrachtung solcher Verschiebungen können wir uns auf <strong>der</strong>en Richtung und Länge<br />
beschränken. Zusammen mit <strong>der</strong> Position des Objekts vor <strong>der</strong> Tr<strong>an</strong>slation ist es uns<br />
d<strong>an</strong>n leicht möglich, seine Endposition zu bestimmen. Verschieben wir ein Objekt<br />
zweimal, so hätten wir dieselbe Endposition auch mit einer einzigen Tr<strong>an</strong>slation erreichen<br />
können. Das Hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong>-Ausführen von Tr<strong>an</strong>slationen ist also wie<strong>der</strong><br />
eine Tr<strong>an</strong>slation.<br />
Drehungen: Betrachten wir wie<strong>der</strong> einen Gegenst<strong>an</strong>d im dreidimensionalen Raum.<br />
Wir wählen eine beliebige Gerade g, die durch seinen Schwerpunkt geht. D<strong>an</strong>n geben<br />
wir uns einen Winkel ϕ vor und verdrehen das Objekt bezüglich <strong>der</strong> Drehachse g um<br />
den Winkel ϕ. Die Menge aller dieser Drehungen sei D. Wie bei den Tr<strong>an</strong>slationen<br />
ergibt das Hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong>-Ausführen zweier Drehungen wie<strong>der</strong> eine Drehung.<br />
Abbildungen: Sei M M = Abb(M) die Menge aller Abbildungen von M nach M. Die<br />
Hinterein<strong>an</strong><strong>der</strong>-Ausführung ◦ von Abbildungen (vgl. 4.3.11) ist eine Verknüpfung auf<br />
Abb(M).<br />
Zahlenmengen:<br />
Æ: Wenn wir zwei natürliche Zahlen addieren o<strong>der</strong> multiplizieren, erhalten wir<br />
wie<strong>der</strong> eine natürliche Zahl.<br />
: Auch das Produkt und die Summe zweier g<strong>an</strong>zer Zahlen ist eine g<strong>an</strong>ze Zahl.<br />
Ê: Auch reelle Zahlen können wir addieren und multiplizieren, um eine neue reelle<br />
Zahl zu berechnen.<br />
Matrizen:<br />
Addition: Sei M 2 (Ê) die Menge aller 2 ×2–Matrizen reeller Zahlen. Eine 2 ×2–<br />
Matrix ist dabei ein kleines Zahlenquadrat <strong>der</strong> Form (vgl. 2.2.1)<br />
(<br />
a11 a 12<br />
a 21 a 22<br />
)