Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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34 3. LOGIK<br />
Schließlich wollen wir ein Beispiel betrachten, das aufzeigt, dass die Wahrheitstabelle<br />
<strong>der</strong> Implikation im täglichen Leben durchaus eine Entsprechung findet. Wir betrachten die<br />
folgende Aussage.<br />
(∗) Es wird ein Stein durch die Glasscheibe geworfen,<br />
und daher zerbricht sie.<br />
Diese Aussage steht, denke ich, außer Zweifel. Sie ist also wahr. Analysieren wir die Sache<br />
genauer. Wir haben die folgenden Aussagen:<br />
p: Ein Stein wird durch die Glasscheibe geworfen.<br />
q: Die Glasscheibe zerbricht.<br />
p ⇒ q: Ein Stein wird durch die Glasscheibe geworfen, und daraus folgt, dass die<br />
Glasscheibe zerbricht.<br />
Die Aussage p ⇒ q ist eine etwas deutlichere Formulierung unserer Beispielaussage (∗) von<br />
oben, <strong>der</strong>en Wahrheit wir akzeptiert haben. Nun gehen wir alle Fälle unserer Wahrheitstabelle<br />
durch:<br />
p = 0, q = 0: Kein Stein wird durch die Glasscheibe geworfen. Die Glasscheibe zerbricht<br />
nicht. Dies ist mit <strong>der</strong> Wirklichkeit durchaus verträglich, und wi<strong>der</strong>spricht<br />
nicht im Mindesten unserer Beispielbehauptung (∗).<br />
p = 1, q = 1: Ein Stein wird durch die Glasscheibe geworfen. Die Glasscheibe zerbricht.<br />
Auch das ist ein üblicher Vorg<strong>an</strong>g (nicht das Werfen aber das darauf folgende Zerbrechen).<br />
Auch in diesem Fall entsteht kein Zweifel <strong>an</strong> (∗).<br />
p = 0, q = 1: Kein Stein wird durch die Glasscheibe geworfen. Die Glasscheibe zerbricht.<br />
Dieser Fall bereitet üblicherweise Schwierigkeiten. Doch bei genauerer Betrachtung<br />
verblasst das Problem schnell. Vielleicht haben wir die Glasscheibe etwa<br />
mit einem Eisenträger durchstoßen. Die Scheibe ist kaputt ohne dass ein Stein geflogen<br />
wäre. Was <strong>der</strong> Scheibe auch immer passiert ist, genau können wir das aus<br />
dem Wahrheitsgehalt <strong>der</strong> Aussagen p und q nicht ableiten, die Tatsache, dass (∗)<br />
wahr ist, wird davon nicht berührt.<br />
p = 1, q = 0: Ein Stein wird durch die Glasscheibe geworfen. Die Glasscheibe zerbricht<br />
nicht. Für einen solchen Fall fände ich keine Erklärung — Magie vielleicht? In <strong>der</strong><br />
wirklichen Welt tendieren Scheiben zu zerbrechen, wenn m<strong>an</strong> Steine durchwirft.<br />
Sollte aber tatsächlich <strong>der</strong> Fall eintreten, dass ein Stein geworfen wird, er durch die<br />
Scheibe fliegt und d<strong>an</strong>n die Scheibe noch g<strong>an</strong>z ist, d<strong>an</strong>n haben wir ein Problem.<br />
In diesem einen Fall müssten wir unsere Überzeugung aufgeben, dass (∗) gilt. Die<br />
Aussage (∗) wäre also tatsächlich falsch.<br />
Wir haben also die Wahrheitswerte <strong>der</strong> Tabelle <strong>für</strong> ⇒ in unserem Beispiel auf natürliche<br />
Weise wie<strong>der</strong>gefunden.<br />
Alternativ dazu könnten wir versuchen herauszufinden, was es bedeutet, wenn wir die Ergebniswerte<br />
in den ersten beiden Zeilen <strong>an</strong><strong>der</strong>s setzen. Betrachten wir die <strong>an</strong><strong>der</strong>en möglichen<br />
Fälle:<br />
p q<br />
0 0 0<br />
0 1 0<br />
1 0 0<br />
1 1 1<br />
p ∧ q<br />
p q<br />
0 0 1<br />
0 1 0<br />
1 0 0<br />
1 1 1<br />
p ⇔ q<br />
p q q<br />
0 0 0<br />
0 1 1<br />
1 0 0<br />
1 1 1<br />
Der erste Fall ist die Und-Verknüpfung <strong>der</strong> Aussagen p und q. Wir hätten also nur d<strong>an</strong>n<br />
eine gültige Folgerung, wenn p und q beide wahr sind. Der Satz: ”<br />
Das Quadrat einer geraden<br />
Zahl ist gerade.“ wäre also nicht wahr son<strong>der</strong>n hätte keinen zuordenbaren Wahrheitswert —<br />
das wäre zumindest unpraktisch.<br />
.