Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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110 6. ZAHLENMENGEN<br />
Beweis. Wir beginnen mit (1)⇒(2). Sei ∅ ≠ F ⊆ M und F nach unten beschränkt. Wir<br />
definieren<br />
E := {x ∈ M | x ≤ f ∀f ∈ F }.<br />
Die Menge E ist nach oben beschränkt, weil jedes Element in F eine obere Schr<strong>an</strong>ke <strong>für</strong><br />
E ist. Außerdem ist E nichtleer, da F als nach unten beschränkt vorausgesetzt war. Nach<br />
Voraussetzung existiert daher das Supremum α = sup E ∈ M. Wir zeigen nun, dass α =<br />
inf F gilt. Nachdem E die Menge aller unteren Schr<strong>an</strong>ken von F ist, ist α größer o<strong>der</strong> gleich<br />
allen unteren Schr<strong>an</strong>ken von F. Wir müssen also nur zeigen, dass α eine untere Schr<strong>an</strong>ke<br />
von F ist. Angenommen, das ist nicht <strong>der</strong> Fall. D<strong>an</strong>n gäbe es ein f ∈ F mit f < α. Weil<br />
E die Menge <strong>der</strong> unteren Schr<strong>an</strong>ken von F ist, gilt e ≤ f ∀f ∈ F. Daher ist f eine obere<br />
Schr<strong>an</strong>ke von E, ein Wi<strong>der</strong>spruch zur Supremumseigenschaft von α. Daher ist α tatsächlich<br />
eine untere Schr<strong>an</strong>ke von F, also inf F.<br />
(2)⇒(3): Seien E und F Mengen wie in <strong>der</strong> Voraussetzung. Wegen (2) existiert m := inf F.<br />
Klarerweise ist m ≤ b <strong>für</strong> alle b ∈ F. Es ist außerdem ∀a ∈ E : a ≤ m, denn wäre das nicht<br />
<strong>der</strong> Fall, so gäbe es ein e ∈ E mit e > m. Wegen <strong>der</strong> Eigenschaften von E und F ist aber<br />
e eine untere Schr<strong>an</strong>ke von F, was <strong>der</strong> Infimumseigenschaft von m wi<strong>der</strong>spricht. Daher gilt<br />
(3).<br />
(3)⇒(1): Sei E eine nach oben beschränkte Menge. Wir definieren die Menge F aller oberen<br />
Schr<strong>an</strong>ken von E als<br />
F := {x ∈ M | e ≤ x ∀e ∈ E} ≠ ∅.<br />
Nach Voraussetzung existiert d<strong>an</strong>n ein m ∈ M mit e ≤ m ≤ f <strong>für</strong> alle e ∈ E und f ∈ F.<br />
Daher ist m eine obere Schr<strong>an</strong>ke von E. Sei α < m. D<strong>an</strong>n ist α /∈ F, also keine obere<br />
Schr<strong>an</strong>ke. Daher ist m das Supremum von E.<br />
□<br />
Beispiel 6.4.3. Die Menge <strong>der</strong> rationalen Zahlen ist nicht ordnungsvollständig. Betrachten<br />
wir nämlich die Teilmengen A und B vonÉ, die definiert sind durch<br />
A = {x ∈É|x>0 ∧ x 2 < 2},<br />
B = {x ∈É|x>0 ∧ x 2 > 2}.<br />
Zunächst sind A und B nichtleer, da 1 ∈ A und 2 ∈ B. Weiters gilt a < b <strong>für</strong> alle a ∈ A<br />
und <strong>für</strong> alle b ∈ B. WäreÉordnungsvollständig, d<strong>an</strong>n gäbe es ein Element m ∈Émit<br />
Definieren wir nun<br />
Damit gilt<br />
a ≤ m ≤ b <strong>für</strong> alle a ∈ A und b ∈ B. (6.8)<br />
c := m − m2 −2<br />
= 2m+2<br />
m+2 m+2<br />
> 0. (6.9)<br />
c 2 − 2 = 2(m2 − 2)<br />
(m + 2) 2 . (6.10)<br />
Ist nun m 2 > 2, d<strong>an</strong>n folgt mit (6.10) dass c 2 > 2 und somit c ∈ B. Allerdings ist wegen<br />
(6.9) c < m, was im Wi<strong>der</strong>spruch zu (6.8) steht.<br />
An<strong>der</strong>erseits führt aber auch m 2 < 2 zu einem Wi<strong>der</strong>spruch. In diesem Fall impliziert<br />
nämlich (6.10) c 2 < 2 und somit c ∈ A, während (6.9) c > m zur Folge hat. Das wi<strong>der</strong>spricht<br />
aber (6.8).<br />
Daher gilt also m 2 = 2, was aber inÉunmöglich ist wegen Theorem 3.2.4.<br />
Die nun dringend benötigte Ordnungsvervollständigung vonÉund damit den Schritt zu<br />
den reellen Zahlen liefert uns <strong>der</strong> folgende Satz.