Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien
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4.4. MÄCHTIGKEIT 63<br />
Sorgfältiger Vergleich zwischen den Mengen X und M 0 × M 1 × M 2 zeigt, dass in <strong>der</strong> Tat<br />
beide Mengen dasselbe beschreiben.<br />
Beispiel 4.3.17. Die Menge aller Abbildungen vonÆnachÊ(o<strong>der</strong> das Cartesische<br />
Produkt von ”Æ-vielen Kopien vonÊ“) ist die Menge aller reellen Zahlenfolgen<br />
(x 0 , x 1 , x 2 , x 3 , . . .), mit x i ∈Ê<strong>für</strong> i ∈Æ.<br />
4.4. Mächtigkeit<br />
Eine interess<strong>an</strong>te Eigenschaft von Mengen, die diesen intrinsisch ist, ist ihre Mächtigkeit.<br />
Wie fast alles in <strong>der</strong> Mengenlehre geht auch dieses Konzept auf Georg C<strong>an</strong>tor zurück.<br />
Für unendliche Mengen hat er als erster definiert, w<strong>an</strong>n es legitim ist zu sagen, dass zwei<br />
Mengen A und B gleich mächtig ( ”<br />
gleich groß“) sind.<br />
Für endliche Mengen M, also Mengen, die n Stück Elemente (<strong>für</strong> ein n ∈Æ) enthalten ist<br />
die Mächtigkeit |M| einfach die Anzahl ihrer Elemente. Für unendliche Mengen (also Mengen,<br />
die nicht endlich viele Elemente besitzen) müssen wir aber etwas trickreicher vorgehen.<br />
Definition 4.4.1 (Gleichmächtigkeit). Zwei Mengen A und B heißen gleich mächtig,<br />
wenn eine bijektive Abbildung (eine Bijektion) von A auf B existiert. In diesem Fall sagt<br />
m<strong>an</strong> auch A und B haben gleiche Kardinalität o<strong>der</strong> die gleiche Kardinalzahl und schreibt<br />
card(A) = card(B).<br />
Diese einfache Definition hat weit reichende Konsequenzen. Es wird unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em<br />
möglich, dass eine Menge zu einer ihrer echten Teilmengen gleich mächtig ist.<br />
Beispiel 4.4.2 (Gleichmächtigkeit vonÆundÆg). Betrachten wir die MengeÆund<br />
die MengeÆg aller geraden Zahlen. Es giltÆg Æ, doch die Abbildung f :Æ→Æg mit<br />
f : x ↦→ 2x ist eine Bijektion. Die MengenÆundÆg sind also gleich mächtig.<br />
Es stellt sich heraus, dass nur die endlichen Mengen die Eigenschaft haben, eine größere<br />
Mächtigkeit zu besitzen als alle ihre echten Teilmengen.<br />
Proposition 4.4.3 (Charakterisierung unendlicher Mengen). Eine Menge ist unendlich<br />
genau d<strong>an</strong>n, wenn sie eine gleich mächtige echte Teilmenge besitzt.<br />
Beweis. Ohne Beweis.<br />
Schon C<strong>an</strong>tor hat gezeigt, dass aus <strong>der</strong> Mächtigkeitsdefinition gefolgert werden k<strong>an</strong>n,<br />
dass unendlich große Mengen nicht gleich groß zu sein brauchen. Es gibt auch bei unendlichen<br />
Menge Größenunterschiede. In <strong>der</strong> Mengentheorie ist also ”<br />
unendlich nicht<br />
gleich unendlich“.<br />
Das Wort unendlich ist in <strong>der</strong> <strong>Mathematik</strong> allgegenwärtig. Die meisten vom <strong>Mathematik</strong>er<br />
beh<strong>an</strong>delten Gegenstände sind unendlich (z.B.Æ,Ên , ...), die meisten Aussagen in<br />
mathematischen Theorien h<strong>an</strong>deln von unendlich vielen Objekten.<br />
Das Symbol <strong>für</strong> den Ausdruck unendlich ist ∞. Dass es ein (und nur ein) Symbol <strong>für</strong><br />
unendlich“ gibt, führt lei<strong>der</strong> oft zu Missverständnissen, wird doch von vielen daraus geschlossen,<br />
dass m<strong>an</strong> mit unendlich so umgehen k<strong>an</strong>n wie mit den reellen o<strong>der</strong> komplexen<br />
”<br />
Zahlen.<br />
Eine Menge M hat unendlich viele Elemente<br />
Diese Aussage bedeutet, dass es keine natürliche Zahl n gibt mit |M| = n. M<strong>an</strong> schreibt<br />
abkürzend m<strong>an</strong>chmal |M| = ∞. Es bezeichnet |M| die Mächtigkeit (Kardinalität) von M,<br />
doch ∞ ist keine Kardinalzahl. Daher ist obige Formulierung keine mathematisch exakte<br />
Aussage.<br />
M<strong>an</strong> verwendet ∞ bei <strong>der</strong> Beschreibung von Grenzübergängen wie etwa in<br />
lim<br />
n→∞ a n<br />
□