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Skripten - an der Fakultät für Mathematik! - Universität Wien

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4.5. AXIOMATISCHE MENGENLEHRE 67<br />

Ausnahme ∈, und dass ϕ und ψ beliebige Formeln bezeichnen, <strong>der</strong>en Variable in Klammern<br />

<strong>an</strong>gegeben werden.<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> ersten sechs ZFC Axiome k<strong>an</strong>n die gesamte endliche <strong>Mathematik</strong> konstruiert<br />

werden. Sie lauten wie folgt:<br />

(ZF1) ∃x : (x = x)<br />

(Existenz)<br />

(ZF2) ∀x : ∀y : ∀z : ((z ∈ x ⇔ z ∈ y) ⇒ x = y) (Extensionalität)<br />

(ZF3) ∀U : ∀p : ∃Z : ∀x : (x ∈ Z ⇔ (x ∈ U ∧ ϕ(x, p))) (Separation)<br />

(ZF4) ∀x : ∀y : ∃Z : (x ∈ Z ∧ y ∈ Z)<br />

(Paare)<br />

(ZF5) ∀F : ∃Z : ∀F : ∀x : ((x ∈ F ∧ F ∈ F) ⇒ x ∈ Z) (Vereinigung)<br />

(ZF6) ∀U : ∃Z : ∀Y : (∀x : (x ∈ Y ⇒ x ∈ U) ⇒ Y ∈ Z) (Potenzmenge)<br />

Wegen des hohen Abstraktionsgrades dieser Axiome ist ein wenig Erklärung von Nöten,<br />

und außerdem müssen wir einige Abkürzungen einführen. Das Axiom ZF1 stellt sicher, dass<br />

Mengen existieren, und ZF2 erklärt, dass zwei Mengen genau d<strong>an</strong>n gleich sind, wenn sie<br />

dieselben Elemente haben. Mit Hilfe von ZF3 wird das erste Konstruktionsprizip <strong>für</strong> neue<br />

Mengen eingeführt, die Auswahl einer Teilmenge Z aus einer gegebenen Menge U mit Hilfe<br />

einer Auswahlregel“ ϕ. Für diese Menge Z führen wir die Abkürzung {x ∈ U | ϕ(x)} ein.<br />

”<br />

Weitere Abkürzungen seien die Formulierungen ∀x ∈ U, die <strong>für</strong> ∀x : x ∈ U stehe, und ∃x ∈ U<br />

<strong>für</strong> ∃x : x ∈ U. ZF3 besagt in gewisser Art und Weise, dass m<strong>an</strong> <strong>für</strong> jedes Element einer<br />

Menge überprüfen k<strong>an</strong>n, ob es eine bestimmte Eigenschaft ϕ aufweist o<strong>der</strong> nicht. Das ist<br />

natürlich nur theoretisch möglich, weshalb dies von E. Bishop in [Bishop 1967] als Prinzip<br />

<strong>der</strong> Allwissenheit bezeichnet wurde.<br />

Aus ZF4 definieren wir {x, y} := {z ∈ Z | z = x ∨ z = y} und {x} := {x, x}. Das<br />

Vereinigungs-Axiom ZF5 ermöglicht es uns mit Hilfe von F = {X, Y } zu definieren<br />

X ∪ Y := {z ∈ Z | z ∈ Z ∨ z ∈ Y }.<br />

Drei weitere Symbole müssen wir einführen, um die weiteren Axiome formulieren zu<br />

können. Es sind dies das Leere Menge-Symbol ∅ := {z ∈ Z | ¬(z = z)} <strong>für</strong> eine fixe Menge<br />

Z und S(x) := x ∪ {x}. Schließlich erklären wir das (uns bereits naiv bek<strong>an</strong>nte) Symbol ∃!<br />

durch folgende Abkürzungsvereinbarung<br />

∃!y : ϕ(y) entspreche ∃y : ϕ(y) ∧ (∀y : ∀x : (ϕ(y) ∧ ϕ(x)) ⇒ x = y).<br />

Die drei nächsten Axiome sind d<strong>an</strong>n:<br />

(ZF7) ∃Z : ∀X : (∅ ∈ Z ∧ (X ∈ Z ⇒ S(X) ∈ Z)) (Unendlichkeit)<br />

(ZF8) ∀U : ∀p : ( ∀x ∈ U : ∃!z : ϕ(x, z, U, p) ⇒<br />

∃Z : ∀x ∈ U : ∃z ∈ Z : ϕ(x, z, U, p) )<br />

(Ersetzung)<br />

(ZF9) ∀x : ( ¬(x = ∅) ⇒ ∃y : (y ∈ x ∧ ¬∃z : (z ∈ x ∧ z ∈ y)) ) (Fundierung)<br />

Hier ist wie<strong>der</strong> einiges <strong>an</strong> Erläuterungen von Nöten. ZF7 gar<strong>an</strong>tiert die Existenz einer Menge<br />

mit den Elementen ∅, S(∅), S(S(∅)), . . .. Diese scheinbar schräge Konstruktion wird aber<br />

sofort verständlicher, wenn m<strong>an</strong> die Bezeichungen 0 := ∅, 1 := S(∅), 2 := S(S(∅)), und<br />

allgemein n + 1 := S(n) einführt.<br />

ZF8 hat die komplexeste Formel, doch dieses Axiom stellt nichts <strong>an</strong><strong>der</strong>es sicher als dass<br />

m<strong>an</strong> aus einer Menge U und einer Zuordnung f, die je<strong>der</strong> Menge x ∈ U eine Menge y zuordnet,<br />

eine weitere Menge als Bild von U unter f konstruieren k<strong>an</strong>n. Dieses Axiom rechtfertigt<br />

auch die Abkürzung {f(x) | x ∈ U} <strong>für</strong> die Definition einer Menge.<br />

Das Fundierungsaxiom ZF9 zu guter Letzt schließt unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em die Russellsche Antinomie<br />

aus zusammen mit allen Mengen, die in gewissem Sinne zu groß“ sind. Es werden<br />

”<br />

alle Mengen verboten, die sich selbst enthalten o<strong>der</strong> aber Mengen enthalten, die wie<strong>der</strong>um<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>e Mengen enthalten, und so weiter ad infinitum.<br />

Das letzte Axiom von ZFC hat in <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit viele Kontroversen verursacht, da<br />

es dem <strong>Mathematik</strong>er gestattet, auf nicht konstruktivem Weg neue Mengen zu definieren.

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