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Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag

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10412 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004<br />

Hermann Bachmaier<br />

(A) ein. Die Richter haben auch keine Erfolgskontrolle bzw. (Rainer Funke [FDP]: Ach? Was tun Sie denn (C)<br />

Misserfolgskontrolle in dem notwendigen Maße.<br />

dagegen?)<br />

Der Straftatenkatalog des jetzigen § 100 a StPO ist – Langsam, ich sage es Ihnen doch gleich. – Meine<br />

hoch problematisch. Dieser Katalog wurde immer wie- Damen und Herren, die Regierungskoalition wird die beder<br />

punktuell und anlassbezogen ergänzt. Inzwischen ist stehenden und festgestellten Mängel der Telefonüberwa-<br />

er in sich nicht mehr stimmig und gewährleistet nicht in chung aufgreifen und abstellen. Das Bundesjustizminis-<br />

hinreichendem Maße, dass die Überwachung tatsächlich terium und die Koalitionsfraktionen erarbeiten derzeit<br />

nur bei schweren Delikten zum Einsatz kommt. Es be- einen Gesetzentwurf zur Reform der strafprozessualen<br />

stehen auch Zweifel daran, dass die Telefonüberwa- Rahmenbedingungen für die Telefonüberwachung. Das<br />

chung nur dann angeordnet wird, wenn bestimmte Tatsa- Ziel dieses Entwurfes ist es, die in den Gutachten dokuchen<br />

den Verdacht auf eine der genannten Straftaten mentierte mangelnde rechtsstaatliche Kontrolle wieder<br />

nahe legen und – das ist das Entscheidende – andere Er- herzustellen. Sie sehen also, sehr geehrte Kolleginnen<br />

mittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen. Sie ist und Kollegen von der FDP, dass auch die von Ihnen mit<br />

also subsidiär einzusetzen. Die Pflicht zur nachträgli- dem heute in erster Lesung zu beratenden Antrag angechen<br />

Benachrichtigung von Abgehörten wird bisweisprochenen Probleme bei der ins Auge gefassten Reform<br />

len sträflich vernachlässigt. Dies hat vielerlei Gründe, von zentraler Bedeutung sind.<br />

die hier noch nicht erörtert werden können, im Gesetzgebungsverfahren<br />

aber erörtert werden müssen.<br />

(Rainer Funke [FDP]: Hic Rhodus, hic salta!)<br />

All diese rechtsstaatlichen Mängel sind umso bedenklicher,<br />

als die Telefonüberwachung in den letzten Jahren<br />

stark zugenommen hat. Herr Funke hat darauf hingewiesen.<br />

Dies ist sicherlich zum Teil darauf zurückzuführen,<br />

dass sich die Zahl der neuen Telefonanschlüsse, insbe-<br />

– Herr Funke, ich bin glaube, dass Schnellschüsse in diesem<br />

sensiblen Bereich niemandem dienen. Das Urteil<br />

des Bundesverfassungsgerichtes ist erst vor wenigen<br />

Monaten ergangen. Schneller, als wir dies machen, kann<br />

dies niemand verantwortlich tun.<br />

(B)<br />

sondere im Bereich der Mobiltelefone, in wenigen Jahren<br />

vervielfacht hat. Das Telefon hat bei der Planung und<br />

Organisation von Straftaten schon immer eine nicht unerhebliche<br />

Rolle gespielt. Die Ermittler meinen nicht zu<br />

Unrecht, dass sich diese Tendenz in den zurückliegenden<br />

Jahren eher noch verstärkt hat. In einer wirksamen Telefonüberwachung<br />

sehen sie deshalb den Schlüssel für<br />

eine wirksamere Aufklärung von Straftaten.<br />

Die festgestellten rechtsstaatlichen Mängel werden<br />

der Bedeutung des verfassungsrechtlich geschützten<br />

Fernmeldegeheimnisses nicht mehr hinreichend ge-<br />

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN)<br />

Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, Kriterien<br />

für die Straftaten zu erarbeiten, bei denen im Rahmen<br />

der Ermittlung die Telefonüberwachung möglich<br />

sein soll. Eine in sich stimmige generelle Regelung wäre<br />

vernünftiger als der bestehende Straftatenkatalog mit<br />

seinen Unstimmigkeiten.<br />

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE<br />

GRÜNEN]: Hört! Hört!)<br />

(D)<br />

recht. Das Abhören von Telefongesprächen ist ein<br />

Grundrechtseingriff und deshalb keine Nullachtfünfzehn-Ermittlungsmaßnahme.<br />

Ich meine auch, dass wir auch dafür Sorge tragen sollten,<br />

dass die richterliche Kontrolle grundsätzlich von<br />

Richterinnen und Richtern wahrgenommen wird, die<br />

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN)<br />

Telefone dürfen nur bei Delikten von erheblichem<br />

Gewicht, nur bei konkretisiertem Verdacht und nur dann,<br />

wenn andere Ermittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen,<br />

überwacht werden. In diesen Fällen – dazu bekennen<br />

wir uns – brauchen wir allerdings die Telefonüberwachung<br />

zur effektiven Strafverfolgung.<br />

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Also doch!)<br />

einschlägige Erfahrungen im Umgang mit einem derart<br />

sensiblen Ermittlungsinstrument haben. Auch müssen<br />

die Belange der Zeugnisverweigerungsberechtigten und<br />

Berufsgeheimnisträger berücksichtigt werden und gesichert<br />

sein. Mit den konkreten Fragen werden wir uns in<br />

Kürze im Rahmen der Beratungen des Regierungsentwurfes<br />

beschäftigen.<br />

Ich jedenfalls freue mich, dass wir mit Ihnen, sehr geehrte<br />

Damen und Herren von der FDP-Fraktion, bei der<br />

grundsätzlichen Beurteilung der zu klärenden Fragen ein<br />

Wenn diese Voraussetzungen aber nicht vorliegen, dann<br />

müssen wir uns darauf verlassen können, dass wir am<br />

Telefon ungestört, unüberwacht und frei miteinander reden<br />

können.<br />

hohes Maß an Übereinstimmung feststellen können. Ich<br />

bin gespannt, ob dies bei der Realisierung unseres Gesetzgebungsvorhabens<br />

im selben Maße gewährleistet ist.<br />

Deshalb herzlichen Dank für Ihre Initiative, derer es aber<br />

nicht bedurft hätte. Wir haben ohnehin bereits gehandelt.<br />

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rainer Funke<br />

[FDP] – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So<br />

weit kommt es noch!)<br />

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN)<br />

Wenn wir als Unbeteiligte dennoch abgehört werden,<br />

müssen wir uns darauf verlassen können, dass wir zu-<br />

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:<br />

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Zeitlmann.<br />

mindest nachträglich darüber benachrichtigt werden.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

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